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David Bowie, Station To Station, 1976

Produzent/ David Bowie, Harry Maslin

Label/ RCA Records

Nach drei quälenden Minuten, in denen man Reisender auf einer Zugfahrt ist, deren Haltestationen und Ziel man nicht kennt und deren Geschwindigkeit man nicht bestimmen kann, setzt der zerschlagene Gesang ein: „The return of the Thin White Duke Duke throwing darts in lovers‘ eyes.“ Von Bowies vielen Rock-Daramoletten ist der titelgebende Opener von „Station To Station“ das theatralischte, das am effektvoll inszenierte. Dennoch gab der damals in L.A. logierende Engländer eine ungewohnte sicht auf seine Befindlichkeit frei, outete sich als Getriebener, als Mensch am Scheideweg. Bowie führte in Hollywood ein todesverachtendes Leben. Leicht hätte seine Diät aus Milch und Kokain das Ende für ihn beenden können.

Der Thin White Duke, der ausgezehrte, von Drogenüberdruss gequälte, zynische Drogenfürst mit Buster-Keaton-Miene, als der sich der Sänger präsentierte, war eine Figur, die dem Star mehr ähnelte als Ziggy Stardust zuvor.

Die phänomenale Backingband versorgte Bowie mit der tanzbarsten Musik, die man bisher von ihm gehört hatte. Entstanden in langen Nacht-Sessions, hatte sie amerikanischen Funk und Groove (und mit Schlagzeuger Dennis Davis und Bassist George Murray eine scharfe Rhythmusgruppe). Gleichzeitig wiesen maschinenartige Beats den Weg zurück nach Europa. Zum letzten Mal gab Bowie den beseelten Crooner amerikanischer Prägung, am stärksten im sehnsuchtsvollen „Wild Is The Wind“, das Nina Simone zehn Jahre zuvor aufgenommen hatte. Mit den funkingen „Golden Years“ und „TVC 15“ lieferte er zwei populäre Songs ab. Auch die schneidende Coolness von „Stay“ setzte Masstäbe. Und mit „World On A Wing“ schliesslich zeigte er, wie sich Erhabenheit und Kitsch miteinander versöhnen lassen.