Suzanne Vega, Luka, 1987

Text/Musik/ Suzanne Vega

Produzent/ Lenny Kaye, Steve Addabbo

Label/ A & M

Wenn ein Song durch die Decke geht und einem Künstler zum Weltruhm verhilft, ist das ein Grund zu feiern. Nicht so für Suzanne Vega. Als ihr Lied „Luka“ plötzlich in der Riege der ganz Grossen ankam, war da auf der einen Seite der riesige Erfolg, auf der anderen etliche Menschen, die ihr geschrieben hatten. Diese Menschen hatten etwas zu erzählen – sie wurden misshandelt.

Suzanne Vega hatte mit dem Song „Luka“ ein Tabu gebrochen. Sie versetzte sich in die Rolle eines Jungen, der zu Hause misshandelt wurde. Und diesen Luka gab es wirklich. Es war ein Junge, der in Vegas Haus wohnte. Misshandelt wurde er nicht, aber die Sängerin kannte andere Kinder, denen es so ging. Also mischte sie den Namen des einen und die Geschichte der anderen zusammen. Der Song braucht nicht viele Worte. Denn die, die er nutzt sind unmissverständlich. „Ja, ich denke mir geht es gut. Bin nur wieder gegen die Tür gelaufen“, und das ständige Wiederholen der Zeile „Frag mich einfach nicht, wie es mir geht“, lassen keinen Zweifel daran, was dem imaginären Luka widerfährt.

17 Gedanken zu “

  1. Der Song war gut. Die LP schon nicht mehr. Ein zweiter Wurf blieb aus. Der song kehrte dann anfang der 90er als instrumentale „Dance-Version“ zurück. Eine lausige Verhunzung der Message trotz der Textweglassung.
    Frau Vega war eben doch keine Schwester von Frau Tikaram oder Frau Chapmann, die damals ihren großen Durchbruch hatten und auch gute Folgealben erzeugen konnten.
    (Beinahe hätte ich ganz normal noch „Fräulein“ schreiben wollen, aber der Begriff fiel ja der Gender-Inquisition bereits zum Opfer. Ich finde ja, dass es gruslig klingt, eine damals 18jährige Tanita Tikaram „Frau“ zu nennen – aber, wurschd – jede Dsheneräjschn schafft sich ihre Zeit. I’m gone.)

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    1. So richtig stark auf „Solitude Standing“ finde ich eigentlich nur „Luka“ und Tom’s Diner“, das am Anfang vom Album als a-cappella-Version beginnt und am Ende nochmals als instrumentale Reprise kommt. Leider hat Suzanne Vega nach „Solitude Standing“ ein paar enttäuschende Alben gemacht. Ein Lichtblick ist für mich die „Close-Up“- Neuaufnahmereihe. Die Songs sind hier gegenüber den Originalen anders und einfacher arrangiert. Durchaus hörenswert ist auch ihr letztes Album, eine Hommage an die Schriftstellerin Carson McCullers.

      Von Tanita Tikaram sind mir gerade mal ein paar Lieder aus ihrem Album „Ancient Heart“ in Erinnerung geblieben. Die Dame (also nicht das „Fräulein“) hatte Ende der 80er Jahre mit „Twist In My Sobriety“ einen grossen Hit – sehr melancholisch und dementsprechend passend gesungen, eine echt gute Kombination.

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      1. Ich habe die beiden Nachfolgealben von Tanita Tikaram bei einem bekannten gehört und war überrascht über die stilistische Weiterentwicklung. Angeschafft hab ich sie dann aber doch nicht. Bei Tracy Chapmann ging es mir ähnlich. Mehrere gute Alben. Das Vega-Album hatte ich damals noch aufgenommen auf Band, aber eben auch bald wieder gelöscht.
        Ich muss mich berichtigen: Die spätere Dance-Mix-Verhunzung betraf nicht „Luka“, sondern „Toms Diner“. Danach ruhte dann der See für mich in Sachen Vega.

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      2. Der DNA Remix von „Tom’s Diner“ orientiert sich wieder den üblichen Popmusik-Konventionen, dann doch lieber das Original, das diese Konventionen bewusst durchbricht.

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      1. Also, von wegen „Geschreibsel“ möchte ich mich hier nicht äussern. Ich finde es nur schade, dass Suzanne Vega haupsächlich durch das Lied „Luka“ bekannt wurde. Bereits auf ihrem Debütalbum (1985) gibt es schöne, sensible, gefühlsvolle und ausdrucksvolle Songs („Marlene On The Wall“, „Small Blue Thing“, „Knight Moves“). Dieser glasklare Gitarrensound im Folk-Stil und ihre warme Stimme im Vordergrund gefällt mir persönlich besser, als ihr zweites Album „Solitude Standing“ mit Bandbegleitung. Aber das ist Geschmacksache!

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      2. Mit Geschreibsel meinte ich, dass ich Bludgeons Kritik etwas herabwürdigend fand, weil ich finde, dass Suzanne Vega durchaus eine ernstzunehmende Künstlerin ist und man sich dann eher zurück halten sollte, wenn es einem nicht gefällt.

        Wenn jemand über Andrea Berg oder Konsorten abmosert, bin ich voll dabei… 😉

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  2. Wow, vielen Dank für den Hinweis. Es war wieder eines der Lieder, wo mir bis heute die eigentliche Message überhaupt nicht klar war. Ich hielt es für etwas völlig anderes. Hab es jetzt nochmal gehört, und plötzlich hört es sich völlig anderes an.

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    1. Auch einige Leute aus meinem Bekanntenkreis wussten nicht, dass dieser Song Kindesmissbrauch thematisiert; er vermittelt nämlich ein sehr symphatisches, relaxtes, und trotz seiner Einfachheit magisches Feeling.

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      1. Richtig. So dass man fast meinen könnte, dass es ein Liebeslied ist. Wenn man halt nicht genau hinhört.

        So wie „Perfect Day“ von Lou Reed. Nur andersherum. Das klingt deprimierend, die Message ist aber eben genau das Gegenteil

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      2. „Perfect Day“ ist ein gutes Beispiel. Äusserlich geht es darin um die Chronik eines perfekten Tages, in Wahrheit ist es aber ein beinharter Drogensong. Suzanne Vega hat zwar das musikalische Folkflair von der Westküste, aber die Poesie der Strasse aus New York. Lou Reed mit seiner realistischen Gossenpoesie hatte bestimmt einen Einfluss auf sie.

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      3. Wow, danke auch für diese Aufklärung. Das mit dem Drogensong macht Sinn. Und dann verstehe ich endlich auch den Hintergrund, warum dieses Lied im Film Trainspotting verwendet wurde

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  3. Wow, den Namen Suzanne Vega hatte ich schon seit vielen Jahren nicht mehr gehoert!

    Ich glaube ich habe lediglich ihre drei ersten Alben gehoert, die mir seinerzeit alle gut gefielen. „Tom’s Diner“ wurde allerdings im Radio zu Tode gespielt, sodass mir der Song dann irgendwann etwas auf die Nerven fiel – wenngleich der filmartige Text fantastisch ist! Bei Luka war mir der ernste Hintergrund zunaechst nicht bewusst. Bei der froehlichen Melodie wuerde man dies auch zunaechst nicht vermuten!

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    1. Suzanne Vega ist mit dem Album „Solitude Standing“ (1987) bekannt geworden. Songs wie „Luka“ Und „Tom’s Diner“ haben ihren Erfolg nachhaltig definiert. Wobei der Erfolg von „Tom’s Diner“ eher zufällig zustande kam, als die britischen DJs DNA den A-Capella-Opener des Albums mit Techno-Beats unterlegt haben.

      In den 1990er gab es dann ein paar enttäuschende Alben von Suzanne Vega. Erst mit „Songs In Red And Grey“ (2001) knüpfte sie wieder an ihre alte Folk-Wurzeln. Ihr letztes Album „Lover, Beloved: Songs from an Evening with Carson McCullers“ (2016) gefällt mir gut. Suzanne Vega ist eine Storyerzählerin vom Feinsten; sie kann wie keine Zweite nachdenkliche Texte in lebensbejahende Hooklines umwandeln.

      P.s. „Tom’s Diner“, der A-Capella-Song über das kleine Restaurant in New York, war weltweit das erste Lied im MP3-Format – und Suzanne Vega die „mother of mp3“.

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