
Bob Dylan, It’s Alright Ma, (I’m Only Bleeding), 1965
Text/Musik/ Bob Dylan
Produzent/ Tom Wilson
Label/ CBS
Der Song „It’s Alright, Ma (I’m Only Bleeding)“ stammt aus den Jahren 1964/1965. Dylan hatte ihn im Sommer 1964 geschrieben und zum ersten Mal auf dem sogenannten Halloween-Konzert in der New Yorker Philharmonic Hall vorgetragen. Im Frühjahr 1965 folgte dann die Studioeinspielung für die Platte „Bringing It All Back Home“.
„It’s Alright, Ma (I’m Only Bleeding)“ ist düster, apokalytisch, ernst, paranoid, es geht um Entfremdung und um den ganzen Wahnsinn um uns herum, um Freiheit und Repression, damals wie heute. Aber die Leute an diesem Halloween-Konzert 1964 in der New Yorker Philharmonic Hall wissen nicht, wie ihnen geschieht. Wie denn auch. Sie kennen den Song noch nicht. Sie hören ihn und die Zeile „Even the president of the United States sometimes must have to stand naked“ zum ersten Mal, ahnen vielleicht dass dieser Song eines Tages ein Klassiker wird.
Vor ihnen, auf der Bühne der ausverkauften New Yorker Philharmonic Hall, steht ein 23-jähriger Sänger, der als neuer Heilsbringer gefeiert wird, als König des Folk, einer, der die im kalten Krieg befindliche Welt mit seinen „Protest“-Songs retten soll. Ein grosses Missverständnis. Denn so eindringlich „It’s Allright Ma“ eine unaufhaltsame Triade gegen jede Erscheinungsform des modernen Lebens ist, so wenig gibt es in dem Song einen Hinweis darauf, wo diese „andere Realität“ ist – Dylan sagt nur, dass sie sicher nicht in der ihn umgebenden Gesellschaft zu finden ist. Seine Vision ist also rein negativ: er weiss zwar was falsch ist, aber er kann nicht sagen was gut; er durchschaut Karikaturen, aber er hat keinen Begriff jener Ideale, die in diesen Karikaturen verzerrt erscheinen. Der Song steigt nicht in den Äther empor, sondern sinkt in den Morast, den er beschreiben sollte.
Naja, das mit dem Ausweg zeigen ist so eine Sache: Damit stürzen viele Songs ins Billige, Platte ab. Lets all join hands! Love each other!
Gut, dass er das vermeidet. Er wollte ja nie the amercan Ghandi sein, oder sowas. Die Menschheit ist ja vernunftbegabt, müsste so ihren Weg ohne Lehrmeister selber finden. (Wenigstens theoretisch)
Dass dann wieder jeder einen anderen Weg gehen will, ist ein anderes Problem.
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Dylan hatte sich damals in Konzerten auch öffentlich über sein Image als Weltverbesserer und seinen Status als gutes Gewissen seiner Fans lustig gemacht, und z.B „It’s Alright, Ma, (I’m Only Bleeding)“ als einen sehr witzigen Song vorgestellt. Doch der Song ist gar nicht witzig, er ist vorallem eine Anklage gegen die modernen Konsumgesellschaft. Hinter den „human gods“ stehen die Macht und der Weltbeherrschungsdrang des Kapitalismus, für den Waffen ebenso wie religöse Devotionalen nur Mittel zum Zweck der „Plusmacherei“ sind. Und ausser diesem Zweck gibt es keinen anderen mehr – deswegen sind diejenigen, in denen er sich verkörpert, „menschliche Götter“, Inbegriffe der universellen Macht. Diese Macht lässt den Einzelnen glauben, er wäre wichtig, es käme in irgend einer Form auf ihn an.
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We live for the new Kings. (Marillion „FEAR“)
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Yup, die Zeiten ändern sich. Und die Antwort ist halt immer noch „Blowin‘ In The Wind“.
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…oder „wann wird man jejjj verstehn, wann wird man jejj verstehn.“(Pete Seger/Marlene Dietrich)
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Sag mir, wo die Blumen sind? Ich hatte eine Ablehnung gegen die Protest-Bewegung, gegen die aufgenähten Peace-Zeichen auf den Parka-Uniformen. Das Image der Weltverbesserer war mir zuwider. Mit den Liedern von Biermann, Degenhardt und Born konnte ich nichts anfangen. Der einzige deutschsprachigen Sänger, den ich gelegentlich hörte, war Hannes Wader. Vielleicht weil er einfach das Bier in der Kneipe, das Loch unter dem Dach, Freunde und Mädchen besang.
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Naja – relativ ähnlich: Weltverbesserer lehne ich nicht absolut ab. Es gibt da schon gelungene Songs: Sag mir wo die Blumen sind, masters of war, es ist an der Zeit, Kristallnaach, usw. Es kommt auf die richtige Dosis bei mir an – und es darf nicht zu platt werden. Und das ist leider oft der Fall.
In puncto Biermann sind wir d’accord. Generell abstoßend find ich bei vielen Liedermachern dieses mitgesungene Besserwisserdauergrinsen beim Liedvortrag. Deshalb hab ich auch keine Tonträger vom Wecker, Wader, Degenhardt. Obwohl eben der eine oder andere Song von ihnen – siehe oben.
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I’ve always liked the imagery of this song. He takes a stab at so many things…the swipe at commercialism I’ve always liked.
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I think „It’s All Right, Ma“ is an exciting song. Dylan takes up the traditon of talking blues, which is sometimes reminds of what we call slam poetry today. Then this simple chord progression with the strangely delayed style.
The text is very complex. But it’s about commercialism and the autonomy of the individual. Dylan condemns any kind of religion that adapts to fashionable consumerism and political conformism. In the image of the nakedness of the President of the United States, capitalist idolatry itself becomes a sheer absurdity. The insight that even the President’s pomp and glamor is meaningless and transparent in its absurdity shows the perspective of the song away from the political surface symptoms to the deeper layers of the soul.
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Hotfox63 your piece is very well thought out. It is a very excellent analysis of the genius that is Dylan.
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Thank you! I think „It’s Alright Ma“ is not just a statement about social misery, it’s also an invitation to the individual to seek cure for this misery in him self.
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What a great tune Fox.
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Dylan is an extraordinary poet, that’s why he got the Nobel Prize. „It’s Allright, Ma“ is a magical song. The image of the naked president of the United States is absolutly great in his absurdity. I think Trump follower should listen to that: “While one will sing with his tongue on fire / Gargles in the rat race choir / Bent out of shape from society’s pliers / Cares not to come up any higher / But rather get you down in the hole that he’s in. ”
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