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John Lee Hooker, Tupelo Blues, 1993

Text/Musik/ John Lee Hooker

Produzent/ Roy Rogers

Label/ Point Blank

In dem Song „Tupelo“ deutet John Lee Hooker an, wie die Bevölkerung auf die Katastrophe reagiert. Was die Menschen dabei empfinden, erfährt man nicht, der Blick gleitet aussen ab. Die Katastrophe wird nicht inszeniert, nur zur Kenntnis genommen. Die Handlung scheint von Ergebenheit geprägt; der Erzähler schickt sich ins Unabänderliche. Nur an einer Stelle begehrt er auf, als er die Schreie der Frauen und Kinder hört und Gott um Hilfe ruft. Aber auch hier deutet die Wiederholung an, dass der Sänger sich wieder in der Musik hat fallen lassen. Der Rythmus bedroht ihn nicht; er ist genauso unabwendbar, wie die Ereignisse, die beschrieben werden. Der Blues ist Trost für das, wovon er berichten muss.

Und da ist da noch etwas anderes. In einer Live-Version von „Tupelo“ weist Hooker auf Elvis Presley hin; beschwört die Geburt des Rock’n’Roll, symbolisiert in der Geburt Elvis Presleys, der die Verbindung von Blues und Country nicht nur vollzog, sondern auch damit berühmt wurde.

Hooker zelebriert diese Geburt als Offenbarung; gegen Ende des Songs sagt er mit nachlässiger, aber klar abgehobener Sprechstimme: „There Elvis was born. Elvis Presley. One of the greatest people ever born. The Rock’n’Roll king. That was my home too. Right down in Clarksdale. Dann folgen die letzen Zeilen, wie um den Verweis zu kaschieren: „Tupelo is gone/ Tupelo is gone/ Got destroyed. By the rain and the wind and water“.

19 Kommentare zu „

  1. I love the way you write about this song, about the people in Tupelo, about John Lee Hooker, about Elvis. You really made me want to listen once more to the different versions of this song, also the one by Nick Cave.

    1. Thanks Martin! I like the version of Nick Cave too. Of course, Cave describes the birth of the king in a different way than the blues man. He sounds verbally exaggerated.

  2. Poesie der Musiktherapie – wundervoll!
    Poetry og music therapy – fantastique!
    Herzlichen Dank diesen Inspirationen für Heilung.
    Darf ich den Beitrag teilen?
    Seit dem Musizieren mit Carlos Santana mein Bluesrooting.

  3. Mir gefällt wie Du die Atmosphäre des Songs beschreibst. John Lee Hooker mag ich ohnehin sehr.

    Die bereits erwähnte Coverversion von Nick Cave finde ich reichlich exaltiert. Aber vielleicht wollte er eine anderen Schwerpunkt betonen

    1. Danke Robert! John Lee Hooker war wohl der afrikanischte aller Bluesinterpreten. Mir gefällt wie er die Musik auf das stompin’ seines linken Fusses reduziert, auf die Schläge seiner elektrischen Gibson-Gitarre und seinen hypnotisch vibrierenden Sprechgesang. Man versteht nicht immer alles, was Hooker singt, es wird vieldeutig, aber es teilt sich unmittelbar mit.

      Umgekehrt gerade bei Nick Cave; er kann ein einfach nicht genug davon kriegen, das Unausweichliche zu benennen. Was ihm an Prägnanz abgeht, versucht er durch Eloquenz wettzumachen. Für ihn muss die Versuchung gross gewesen sein, Blues als Musik und Rock’n’Roll als kulturelle Verbindung in einem Song zu verdichten.

      1. Genau – John Lee Hooker ist imho eine singuläre Erscheinung in der Bluesszene der Südstaaten.
        Aber auch die anderen verehrten alten Herren des Blues, z.B. Willie Dixon, Muddy Waters, Howlin´ Wolf oder Little Walter haben oder hatten ihre ganz individuelle Stile.

        Nick Cave habe ich letzthin wieder vermehrt gehört und ich muss sagen, für mich ist er nur in geringen Dosen zuträglich. Für zu viel eloquente Schwermut geht es mir einfach zu gut 😉

      2. Minimale Artikulation, maximale Intensität: John Lee Hooker war der Einzige, der den Spagat zwischen Tradition und Moderne wirklich schaffte, einer, der sogar in eine Klamotte wie „Blues Brothers“ für ein paar Sekunden Blues-Realität brachte.

        Das Schicksal von Tupelo ist vieldeutig. Ich wohne in Bern hundert Meter von der Aare entfernt. Der Fluss führt zur Zeit Hochwasser. Die angekündigten Regenfälle der nächsten Tage könnten das Fass zum Überlaufen bringen…

      3. …und ich habe heute Morgen mit meinem besten Freund telefoniert. Dabei haben wir uns gefragt, ob wir noch immer den Sprung in die Aare wagen würden. Wir würden! Für einen Plumps vom Schönausteg würde es noch hingehen. (allerdings nicht bei Hochwasser…)

      4. Zur Zeit gleicht der Fluss einer braunen Suppe. Und es wird noch eine Weile dauern, bis die Aare ihr schönes Grün wieder zurück hat. Bei normalem Wasserstand ist der Sprung vom Altenberg- und Schönausteg ein Vergnügen. Du kannst Dich über das Schwimmen in der Aare auch über die App aare.guru informieren.

    1. John Lee Hooker had his own relationship with music and singing, like many other blues singers. He was always concerned to play a rhythm, even if that meant chopping of words or phrases to get a sharp guitar chord. What he sings in „Tupelo“ is ambiguous. The blues is comfort for what he has to report.

  4. Und der Bezug ist klar, mir ist zwar jetzt bloss zweimal das Wasser im Keller gestanden, ein laues Lüftchen, wenn man die Bilder aus RP und NRW sieht. Aber es häuft sich schon.
    Ich sitze in BaWü und 2013 hatten wir den heftigsten Hagel ever hier. Da kamen Tennisbälle runter.
    Tja, die Party ist halt jetzt vorbei!

    1. Danke für den Tipp! Von dem Film „The Hot Spot“ ist mir vor allem die flirrende Hitze in Erinnerung geblieben. Der späte Miles Davis und John Lee Hooker haben alles daran gegeben, um diese Filmhitze lautmalerisch zu illustrieren.

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