
Grateful Dead, Without A Net, 1990
Produzent/ John Cutler, Phil Lesh
Label/ Arista Records
Es gab eine Zeit in meiner Jugend (zwischen 1969 und 1975) da waren die Grateful Dead eine wichtige Band. Damals wäre ich gerne ein LSD-Westcoast-Beatnik geworden. Dieses Album ist eine Sammlung von Live-Mitschnitten aus der Spätphase der Band. Es dominiert fliessender Jazzrock, wenig Country-Rock. In gewisser Weise ein Revival der extensiven Jams der Frühphase, allerdings weniger wild denn homogen. Ein paar Leute, die hier spielen, sind bereits tot.
Mir ist aufgefallen, dass wirklich viele Grateful Dead-Stücke vom Tod handeln oder zumindest melancholische Rückblicke sind, die Todgeweihte angeblich vornehmen. Fast alle anderen handeln von Sex. Das sind die wesentlichen Dinge, über die man nachdenkt, wenn man Drogen nimmt. Jerry Garcias Songs sind mir am liebsten, dieses sentimentale, mexikanische, pockennarbige Schmelzgebäck. Mickey Harts experimentelles Orchester-Sample-Percussion-Werk war damals wirklich klasse und ganz neu. Neben vielen Dead-Standards gibt es auch einige selten gespielte Cover-Versionen, so Robert Johnsons „Walkin‘ Blues“ oder „Dear Mr. Fantasy“ von den Traffic. Musikalisch, im strengen Sinne, ist „Without A Net“ nicht so gut wie die besten Momente aus der Geschichte der Band. Schliesslich waren die Dead damals bereits ein ziemlich schlaffer, alter Haufen, der in einem Paralleluniversum glücklich ist. Beeindruckend ist eigentlich nur, was man der Musik anhört, dass dieses Paralleluniversum wirklich exisiert.