Tom Waits, Jersey Girl, 1980

Text/Musik/ Tom Waits

Produzent/ Bones Howe

Lebel/ Asylum

In den Siebziger hatte Tom Waits eine künstlerische Persona kultiviert, die man sich bei Tageslicht nicht vorstellen konnte. Er war der Poet der verrauchten Bars, der schlecht geschminkten Kellnerinnen, der klapprigen Autos und angebrannten Hamburgers. Wie die Beatautoren Jack Kerouac und Charles Bukowski zelebrierte er ein mythisch überhöhtes Kalifornien, das mehr mit Hollywoods Film Noir zu tun hatte als mit der Glitzerwelt der Siebziger. Musikalisch zeigte er sich dabei durchaus wandlungsfähig, spielte Pianoballaden mit Orchesterbegleitung, Barjazz, R&B, rockige Stücke. Doch die Stimmung seiner Lieder blieb immer ähnlich, was natürlich auch an seiner unverkennbaren Schmirgelstimme lag, die immer nach Whisky und Zigaretten klang.

Mit dem Album „Heartattack And Vine“ nahm Waits dann Abschied von seiner Nachtschwärmer-Figur, allerdings nicht ohne ihr noch ein letztes grandioses Lebewohl hinterherzuschicken: die Ballade „Jersey Girl“ war wie die Quintessenz der langjährigen Zusammenarbeit zwischen Waits und dem Produzenten Bones Howe. Das Lied beginnt mit der Erwähnung der „Whores on Eighth Avenue“, um sich dann in Vorfreude auf den baldigen Kirmesbesuch in New Jersey zu ergehen; im „Sha la la“-Chorus wird das Stück geradezu euphorisch, die sparsame Begleitung unterstreicht hier Waits’ leidenschaftliches Geknarze auf besonders effektive Weise. Bald darauf coverte Bruce Springsteen „Jersey Girl“.