Rainer-Ptacek-Inner-Flame.jpg

Various, The Inner Flame, A Rainer Ptacek Tribute, 1997

Produzent/ Robert Plant, Howe Gelb

Label/ Cactus Rock Records

Die Geschichte ist zu interessant, um nicht noch einmal erzählt zu werden: Am 7. Juni 1951 wird Rainer Ptacek als Sohn eines tschechischen Vaters und einer deutschen Mutter in Ost-Berlin geboren. 1954 wandert die Familie aus – im Westen Chicagos finden sie ein neues Zuhause. Ganz natürlich mutet es an, dass es Kinder von Heimatlosen zu der Musik von Besitzlosen treibt – und das Chicago zu Rainers Jugend war geprägt von der Blues-Explosion um B.B.King,  J.B Lenoir und Buddy Guy.

In den frühen 70er Jahren zieht es Rainer in die Wüste nach Tuscon, Arizona. Schnell wird er Teil einer kleinen Gruppe von gleichgesinnten Musikern um Howe Gelb (Giant Sand). Daraus enstehen später unzählige Projekte. Rainer Ptacek veröffentlicht unter seinem Vornamen vier ebenso unterschiedliche wie grossartige Scheiben, bis ihn plötzlich im Februar 1996 – während er auf seinem Fahrrad unterwegs zum Chicago Music Store ist, in dem er als Broterwerb Instrumente repariert – ein Gehirnschlag ereilt und er vom Rad stürzt. Die Diagnose lautet: nicht operabler Gehirntumor. Rainer erholt sich. Wird jedoch Mitte 1997 erneut ins Krankenhaus eingeliefert. Die Nachrichten sind diesmal schlecht. Am 12. November 1997 verstirbt Rainer an der Seite seiner Familie und Freunde – gerade einmal 46 Jahre jung!

Als der Tribut-Sampler erscheint ist Rainer noch am Leben. Das Album soll eigentlich eine Benefiz-Angelegenheit für den schwer krebskranken Musiker sein. Denn Ptacek hat wie viele Künstler keine Krankenversicherung und die Rechnungen zur Behandlung seiner Erkrankung häufen sich. Sein Freunde Robert Plant und Howe Gelb organisieren deshalb diese Sessions, um Geld einzuspielen. Auf einigen Titeln hört man Rainers zart-differenziertes warmes Spiel auf der Steel-Guitar noch heraus – auf sechs der vierzehn Titel soll dies der Fall sein, deren Hauptrollen  von Lucinda Williams, Robert Plant, Emmylou Harris, John Wesley Harding, Evan Dando, Victoria Wilson & Mark Olson, PJ Harvey, Chuck Prophet, Vic Chesnutt, Madeleine Peyroux, Chris Whitley, Grandaddy, Jonathan Richman, Kris McKay und der Giant Sand-Clique (Howe Gelb, Joey Burns, John Convertino) eingenommen werden.

worried-spirits-cover-restored-2017.jpg

Rainer, Worried Spirits, 1992

Produzent/ Rainer Ptacek

Label/ Glitterhouse Records

Es müssen nicht immer junge, drogenabhängige Musiker sein, die für tragische Momente in der Musikgeschichte sorgen, sondern auch andere widrige Umstände können zum Tode führen, wenngleich das im Falle von Rainer Ptacek wohl im Gegensatz zu allen „Helden“ auf nicht allzu viel Widerhall stiess. Der im Juni 1951 in Ostberlin geborene Musiker, wanderte mit seinen Eltern im Alter von fünf Jahre nach Chicago aus. Im November 1997 starb er an einem Hirntumor, das erstmalig 1996 diagnostiziert wurde. Monate zuvor verhiess eine erfolgreiche Therapie noch eine gute Prognose.

Die Zeit in Chicago hinterliess bei Rainer Ptacek bestimmt einige Blues-Spuren, zumal in den 50ern und 60ern Jahren reichlich Zugriff auf Stars bestand. Doch vielmehr war der Umzug nach Tucson, Arizona in den frühen Siebzigern bestimmend für das, was sich musikalisch entwickelte. Rainer spielte in mehreren Bands bzw. mit Freunden wie Giant Sand und Howe Gelb. Diese Leute sind so ziemlich bewandert in allen amerikanischen Populärmusiken, ohne dass dafür eine grossartige an die Glocke hängbare Archäologen- und/ oder Archivar-Tätigkeit nötig gewesen wäre. Diese konservierte Tradition, die keine pathetischen Namen kennt und braucht, ist in Rainers stark Musik präsent.

Mit „Worried Spirits“ hat Rainer sein vielleicht bestes Album eingespielt, fast 72 Minuten prallvoll mit instrumentalen Improvisationen und Solosongs. Sein Spiel auf der National Steel ist begeisternd, sein Songwriting mitreissend und die Stimme ein bis auf die Knochen schneidendes, intensives Instrument. Das ist Musik mit dem Feeling eines Ry Cooder in scheinbar intimer Atmosphäre instrumental eingespielt. Der Gesang klingt etwas unbeholfen nach Bob Dylan, aber beileibe nicht schlecht, sondern sehr ausdrucksstark. Hier passt einfach alles zusammen – herrlich, diese Musik, ohne Anspruch auf das Erreichen von Charts-Notierungen. Könnte der Blues singen, er würde klingen wie Rainer Ptacek.