Patti Smith, Rock ’n‘ Roll Nigger, 1978

Text/Musik Patti Smith, Lenny Kaye

Produzent/ Jimmy Iovine

Label/ Arista

„Rock ’n’ Roll Nigger“ war auf Patti Smiths drittem Album „Easter“ von 1978 erschienen und gab schon damals zu reden. Darin lag auch die Absicht der Autorin, die sich natürlich bewusst war, dass „Nigger“ als rassistische Beschimpfung auf die Sklaverei verweist. Und dass Afroamerikaner wie der Komiker Richard Pryor oder die Hip-Hop-Gruppe Niggaz with Attitude den Begriff demonstrativ weiterverwenden durften im Sinne eines positiven Stigmas, als eine Art rhetorische Rückeroberung. Dass es aber Weissen untersagt bleiben muss, das Wort zu verwenden, weil es weisse Herrschaft und schwarze Unterdrückung signalisiert.

Patti Smith war es darum gegangen, das Schimpfwort auf alle Randständigen oder Verstossenen oder Irregewordenen auszuweiten, weshalb sie konsequenterweise sang: „Jimi Hendrix was a nigga / Jesus Christ and grandma, too / Jackson Pollock was a nigga.“ Aber spätestens wenn die Grossmutter in dem Song ihren Auftritt hat, sollte klar werden, dass Patti Smith das Lied auch als eine Art gesungenen Comic verstanden haben wollte, als Parodie seiner selbst, als Lustigmachen über die eigene Empörung. Dazu passt die demonstrativ primitive Musik, die Patti Smith und ihr Gitarrist Lenny Kaye zu den Lyrics komponierten. Denn der Song kommt als primitiver Rock-Trash daher, als Übertreibung bis zur Farce. Damit macht die Sängerin klar, dass sie das N-Wort niemals wörtlich verstanden haben will, als Verhöhnung der Afroamerikaner als ehemalige Sklaven. Sondern dass sie sich über die groteske Verklärung des Opfers an sich lustig macht, indem sie es mit einer so grellen Übertreibung feiert.

Daran hat sich nichts geändert, auch wenn es im heutigen Denunziationsklima undenkbar wäre, einen solchen Song veröffentlichen zu wollen. Das aber hat Patti Smith nie gekümmert. Sie hat ihren Song mehrmals verteidigt und dabei das Recht auf freie Meinungsäusserung eingefordert.