Bobbie Gentry, Ode To Billie Joe, 1967

Text/Musik/ Bobbie Gentry

Produzent/ Kelly Gordon

Label/ Capitol Records

Es ist einer dieser schläfrigen, dunstigen Tage im Mississippidelta. Am 3. Juni springt Billie Joe McAllister von der Tallahatchie-Brücke in den Tod. Das erzählt Bobbie Gentry in einem der grössten Hits des Jahres 1967: „Ode to Billie Joe“ – mit jener heiseren Blue-Eyed-Soul-Stimme, die zu ihrem Markenzeichen werden sollte.

Bis heute bleibt ein Geheimnis um Billie Joe ungeklärt: Kurz vor seinem Sprung sei er mit einer jungen Frau auf der Brücke gesehen worden, sie hätten einen Gegenstand in den Fluss geworfen – aber was für einen? Einen Strauss Blumen? Einen Verlobungsring? Einen Einberufungsbefehl? LSD-Trips? Oder war es ein abgetriebener Fötus? Keine Frage wird Bobbie Gentry häufiger gestellt. Sie hat sie nie beantwortet.

„Ode To Billie Joe“ geht im August 1967 an die Spitze der US-Charts und bleibt dort vier Wochen. Das schaffen 1967 nicht viele Songs, die um Selbstmord und Abtreibung kreisen, 2024 übrigens auch nicht. Knapp drei Jahre später, 1970, landet Bobbie Gentry ihren letzten Hit, „Fancy“, die Geschichte eines 17-jährigen Mädchens, das von seiner verzweifelten, vom Vater verlassenen Mutter, mit dem Rat „be nice to gentlemen“ und einem fancy dress ausgestattet in die Stadt geschickt wird, um Geld zu verdienen. Auch kein gängiges Pop-Thema, nicht 1970, nicht 2024.

Ihre letztes Album nimmt Bobbie Gentry 1970 auf, wo sie heute ist, das fragen sich viele, auch Kolleginnen, die sie bewundern, von Beth Orton bis Jill Sobule. Letztes Wort von Bobbie Gentry: „Fancy“ is my strongest statement for women’s lib, if you really listen to it. I agree wholeheartedly with that movement and all the serious issues that they stand for – equality, equal pay, day care centers, and abortion rights.“