Talking Heads, Little Creatures, 1985

Produzent/ Talking Heads

Label/ EMI

„Little Creatures“ widmet sich dem Leben im Amerika der 1980er, dem Leben von Erwachsenen im Familiengründungsalter. Ronald Reagan mimt in seiner besten Rolle den harten, aber gütigen Präsidenten, verkauft Optimismus – und zerstört gleichzeitig die Mittelschicht. Doch das ist noch nicht überall spürbar. Der zappelige New Wave, der Minimal-Funk des Frühwerks ist auf dieser Platte kaum noch vorhanden, dafür gibt es Country, Gospel und viel Pathos. Begriffe wie „Highway“ oder „Factory“ verorten die Songs im Alltag, dem gegenüber gibt es versteckte Sehnsüchte. Doch die sind nie so wild, um das kleinfamiliäre Glück der „Little Creatures“ zu gefährden: Kinder brauchen Eltern. Hat man einmal Kinder, werden die eigenen Träume unbedeutend – wenn es ausser Kindern überhaupt je welche gab.

Am Ende des Albums schleicht sich doch eine Spur Zynismus ein: Wenn die Band wie der Gesangsverein von Backwood, USA, in einträchtigem Chorgesang „Road to Nowhere“ intoniert, ist schwer zu überhören, dass hier eine Haltung überführt wird, deren Selbstsicht vom Rest der Welt isoliert ist, alternativ- und fantasielos am Mythos des Landes der unbegrenzten Möglichkeiten festhält: „We’re on a road to nowhere/ Come on inside/ Taking that ride to nowhere/ We’ll take that ride/ I’m feeling okay this morning/ And you know/ We’re on the road to paradise/ Here we go, here we go.“

Für David Byrne ist es ein „freudiger Blick auf den Untergang“, dessen eröffnender Chor nur inkludiert wurde, weil er ein wenig beschämt darüber war, dass der Song praktisch nur aus zwei Akkorden besteht. Das scheint niemanden gestört zu haben. „Little Creatures“ verkaufte sich allein in den USA  über zwei Millionen Mal, im Rest der Welt wahrscheinlich noch einmal so oft. Und die Hitsingle „Road to Nowhere“ sorgte zur Zeit von MTV mit dem berühmt gewordenen Video zum Song für den Bekanntheitsgrad der Band.