Aretha Franklin, Aretha: Lady Soul, 1968

Produzent/ Jerry Wexler

Label/ Atlantic

Aretha Franklin wurde am 25. März 1942 in Memphis, Tennessee geboren und starb am 16. August 2018 in Detroit. Mit ihr ging etwas zu Ende, sagen wir, minimal übertrieben: die Soul-Moderne. Während David Bowie, Prince, Leonard Cohen und George Michael, die alle zwei Jahre vorher starben, jeder auf seine Art bereits Protagonisten der Pop-Postmoderne waren, ist mit Aretha Franklin die letzte Symbolfigur einer linearen, analogen Erzählung von uns gegangen: die Erzählung von Pop als Motor der Veränderung zum Besseren, als Soundtrack zu Befreiung und Emanzipation.

„Lady Soul“ ist das dritte Album, das Aretha Franklin in der Kombination mit Atlantic-Produzent Jerry Wexler in Muscle Shoals, Alabama aufgenommenen hatte. Das Debüt „I Never Loved A Man The Way I Love You“ hatte ihr Selbstvertrauen gestärkt, die Vielfalt auf „Aretha Arrives“ zeigte die Stärken und Grenzen ihres Talents. „Lady Soul“ konzentrierte sich auf die Stärken. Arethas Leidenschaft für R&B – Don Covays Hymne „Chain Of Fools“ ebenso wie „Since You’ve Been Gone“ mit Franklins unvergleichlichen Background-Sängerinnen The Sweet Inspirations – ist ihrer Leidenschaft für Gospel ebenbürtig: Curtis Mayfields „People Get Ready“, samt perfekter Orchesterbegleitung, arrangiert von Arif Martin.

Eric Claptons Claptons Solo beim Blues „Good To Me As I Am To You“ bezieht zeitgenössische Tendenzen im Rock’n’Roll ein. „A Natural Woman“ ist das Highlight der LP; es ist auch Arethas Reise als Künstlerin, wenn sie diesem wunderschönen Lied der Komponisten Carole King und Gerry Goffin die in Memphis gelernte Ehrlichkeit und Leidenschaft verleiht, und dabei ihre wahre Stimme findet.

Aretha Franklin, Respect, 1967

Text/Musik/ Otis Redding

Produzent/ Jerry Wexler

Label/ Atlantic

„Respect“ war nicht nur das Ziel der Bürgerrechtsbewegung. Ursprünglich bei Otis Redding, war es nur um den Respekt gegangen, den der Ehemann von seiner Frau verlangt, wenn er nach einem harten Tag heimkommt. Während sich der „weisse“ Protestsong der 60er immer an den Staat, das Establishment, die da oben oder die ältere Generation richtete, jedenfalls stets in einem Ton sprach, der eine ältere väterliche Autorität voraussetzt, wendet sich ein später zum symbolischen Protest eingesetzter Song wie „Respect“ an den Ehepartner. Soul-Protest nimmt nicht nur in diesem Fall eher die Position einer an einen erwachsenen Partner gerichteten Beschwerde ein. Während der (weisse) Protest(song) immer nur im Konjunktiv oder Futur von einer Situation phantasiert, in der es zum Machtkampf kommen könnte, sind die Machtkämpfe im schwarzen Song schon da. Fragt sich nur, welches Personal sie gerade austrägt: Mann und Frau, Mann und Gott, Zuhälter und Prostituierte oder – seltener – Black Nation und Unterdrücker.

Bevor „Respect“ zur Hymne werden konnte, musste Aretha Franklin den Song covern. Dass hier eine Frau sang, machte zwar die Ausgangslage – arbeitender Ehepartner beschwert sich über den zu Hause Faulenzenden – nicht unrealistischer, entscheidend aber war, dass in ihrem Arrangement das Einzelschicksal in einem gospelartigen Chor eingebettet wird. In dem im Kollektiv eingepassten Gesang wird das praktisch-persönliche Problem zu allgemeinen einer grösseren Community wie etwa der Black Nation.