Elvis Costello, This Year’s Model, 1978

Produzent/ Nick Lowe

Label/ Radar Records

All thriller, no filler. Elvis Costello sieht auf dem Cover genau so aus, wie er singt. Der dünne Mann mit Hornbrille und Krawatte hinter einer Hasselbladkamera schaut unglaublich hässig drein. „This Year’s Girl“ ist ein Hassliebeslied an Costellos damalige Geliebte, Bebe Buell, die ihre Karriere als Fotomodell in New York begann und sich später als Schauspielerin, Sängerin und Autorin durchsetzte. Genau genommen handelt das ganze Album von dem Zuviel der Gefühle und dem Zuwenig, von Begehren und Einsamkeit, Leidenschaft und Ekel.

Elvis Costello war damals dauernd wütend. Der Mann lag im Streit mit allen, nicht nur mit sich selber. Sein Blick war ausdruckslos und kalt. Über liederliche Veranstalter und Journalisten führte er ein Schwarzbuch. Nach seinem ersten Gastspiel im amerikanischen Fernsehen gab ihm der Sender ein vierjähriges Auftrittsverbot. An den Konzerten bellte er sein Publikum an, verliess die Bühne grusslos und ohne Zugabe, beschimpfte andere Musiker als Ignoranten, war oft betrunken. Seine Auftritte waren kurz und laut, seine Band spielte präzis und voller Energie, er drosch mit schweissnassem Gesicht auf seine Gitarre ein und schrie wie ein Verrückter: „I’m not angry! I’m not angry!“

Elvis Costello, My Aim Is True, 1977

Produzent/ Nick Lowe

Label/ Stiff

Erste Bekanntschaft mit Elvis Costello machte ich im Herbst 1977 in einem Schallplattenladen in der Nähe vom Piccadilly Circus. Auf „My Aim Is True“ sind für mich nach wie vor ein paar der stärksten Kompositionen Costellos darauf. Was und wie Elvis singt, weist für einen Punk-Rocker viel Gefühl auf. Wenn es einen Vergleich mit Graham Parker gibt, so ist dieser ein wirklicher Optimist gegen den selbstquälerischen Realisten Elvis, der hier in zwölf Songs seine sexuellen Erfahrungen und Missgeschicke erzählt. Musikalisch bewegt er sich einerseits im Rockabilly der 60er Jahre, wie etwa auf „Mystery Dance“ wo er sein erstes sexuelles Erlebnis mit einem Mädchen beschreibt, oder auf „No Dancing“, das an die Ronettes erinnert. Anderseits gibt es immer wieder Rhythm’n’Blues wie bei „Sneaky Feelings“ oder auf „I’m Not Angry“. Und „Alison“ ist wohl nach wie vor einer der schönsten Schmachtfetzen, den ich kenne.

Begleitet wird Elvis Costello auf diesem Album von der unbekannten Gruppe The Shamrocks, produziert hat Nick Lowe, der auch für andere Stiff-Musiker, vorallem aber für Graham Parker verantwortlich ist. Ein zweiter Graham Parker ist Elvis Costello nicht geworden, auch nicht „Elvis is King!“ wie es die hundertfach wiederholte Minischrift auf dem winzigen Schachbrettmuster des Covers verkündet. Eher sowas wie der „Mystery Man“, der feststellt: „Don’t you think, that walking on the water won’t make me a Miracle Man?“