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John Coltrane, A Love Supreme, 1964

Produzent/ Bob Thiele

Label/ Impulse Records

Ob es Gott gib, weiss ja keiner so genau. Auf jeden Fall aber gibt es diesen Gong und gleich darauf diese Fanfare, Altes Testament und Neues Testament – und so beginnt dieses Album, das John Coltrane angeblich in fünf Tagen geschrieben hat.

Nach dem Präludium führt der Bass das Leitmotiv ein. Wer das Album zum zweiten Mal hört, hört ihn brummeln: „A-Love-Sup-reme. A-Love-Sup-reme.“ Und das Schlagzeug lässt die Lobpreisung schwingen. Man merkt: Das hier ist etwas anderes als die Coolness eines Miles Davis oder die Virtuosität eines Charlie Parker. Ernster, pathetischer. Es ist als nehmen wir teil an einem Gottesdienst, aber an einem, der uns überrascht und glücklich macht. Eine Art überirdischer Liebesdienst.

Man muss diese halbe Stunde am Stück hören, sonst ist es sinnlos. Und bitte nicht im Auto, beim Putzen, Essen, oder als Untermalung beim Candlelight Dinner. Hören Sie das Album nach einem anstrengenden Arbeitstag gemütlich im Sessel, oder Nachts auf dem Balkon mit der letzten Flasche Bier, schauen Sie in den Sternenhimmel, konzentrieren Sie sich auf die Musik.

Coltrane ist ein Prediger, der durchs Saxophon zu uns spricht. Ein manischer Prediger, bis in die äusserste Faser inspiriert. Das Saxophonspiel, in das ein Geist hineinzufahren scheint und das sich dann in immer höhere Höhen schraubt – von hier stammt es, hier passt es hin. Auch dabei: McCoy Tyner, der das Piano spielt wie ein kunstsinniger Jesuit, also der Mission verpflichtet, aber nie komplett dogmatisch; Drummer Elvin Jones als wirbliger, dabei stets untertäniger Messdiener; Bassist Jimmy Garrison als Diakon des Grooves, der uns tanzen lässt.

Irgendwann raunt John Coltrane ins Mikrofon: „A-Love-Sup-reme. A-Love-Sup-reme.“ Wir haben verstanden, irgendwie.