
Marianne Faithfull, Broken English, 1979
Produzent/ Mark Miller Mundy
Label/ Island
Es war das Wahnsinns-Comeback einer Sixties-Ikone. Einst hatte sie ihren Ehemann für Mick Jagger verlassen und eine nicht unerfolgreiche eigene Gesangskarriere gestartet. Daneben war sie durch berühmte Affären aufgefallen, unter anderem mit Keith Richards. Dann der Absturz: Schwere Drogenprobleme, ein Selbstmordversuch, mit Marianne Faithfull rechnete niemand mehr. Umso erstaunlicher als 1979 mit „Broken English“ ein neues Abum von ihr erschien. Und nicht nur das: Es ist ein faszinierendes Album. Mit New-Wave- und Synthesizer-Klängen musikalisch am Puls der Zeit, textlich vielfältig, aufrüttelnd, zornig – die nun kratzige, fast gebrochene Stimme der Sängerin tat ein Übriges.
Der Sound ist sparsam, ungemein räumlich und isoliert angelegt. Die Songs sind autobiografisch, betroffen vorgetragen, pendeln zwischen ohnmächtiger Wut „Broken English“ und Resignation „Guilt“ nehmen Bezug auf Marianne Faithfulls Zickzackkurs und Bemühen einen Platz im Leben zu finden. „I’m just a curious child“ heisst es auf „Guilt“, für mich dem stärksten Song des Albums neben „Broken English“, zu dem sie angeblich die deutsche Terroristenszene inspiriert hat, und „Working Class Hero“, das zornige mit dem von Lennon formulierten Irrtum der 60er Jahre von wegen Gleichheit abrechnet. Marianne Faithfulls Stimme klingt naiv, verletzlich, mädchenhaft verloren, dann wieder trotzig angreifend, etwa auf „Why D’ya Do It“. Das Album berührt, vermittelt Morbidität, ohne desolat und paranoid zu wirken. „Guilt“ hämmert mit seinem hypnotischen Refrain ebenso im Kopf weiter wie „Broken English“ .
Das Video zu „Broken English“ hatte der englische Film- und Theaterregisseur Derek Jarman aus Wochenschauaufnahmen und Nachrichtensendungen zusammengeschnitten; marschierende Nazikolonnen zu sowjetischen Ehrentribünen, prügelnde englische Polizisten zu brennenden Häusern des Bombenkriegs. Kein Wunder, dass die Plattenfirma unzufrieden bis schockiert war, es passte nicht ins jungfräuliche MTV-Format.


