The Ramones, I Wanna Be Sedated, 1978

Text/Musik/ The Ramones

Produzent/ Tommy Ramone, Ed Stasium

Label/ Sire Records

Drei Akkorde, wahnwitziges Tempo, eingängige Refrains. Dazu Texte, die von Klebstoff, Gehirnwäsche und imaginären Nazi-Schatzis handelten – und davon, wie langweilig es ist, ein Teenager zu sein. Die Ramones haben den Punkrock vielleicht nicht erfunden, aber sie haben ihn geprägt und populär gemacht wie keine zweite Band. Uniformiert mit schwarzen Lederjacken, zerrissenen Röhrenjeans, ausgelatschten Billigturnschuhen und helmartigen Frisuren spielten sie regelmässig im CBGB’s an der Lower East Side, dem Zentrum der New Yorker Punkszene. Musikalisch und inhaltlich bedienten sie sich beim Bubblegum-Pop der 60er – nur verzichteten sie auf jegliches Ornament und verdoppelten die Geschwindigkeit. Besonders in England hatte dieser Sound eine nachhaltige Wirkung, wo sich viele frühen Punkbands an das kompromisslose Geholze der Ramones anlehnten.

„I Wanna Be Sedated“ stammt aus dem vierten Album „Road To Ruin“. Leicht humoristisch verbrämt, erzählt der Song vom immensen Tourstress der Band. Um die Plattenverkäufe anzukurbeln, wurden sie von ihrem Label verdonnert, so viele Konzerte wie möglich zu spielen, ohne Rücksicht auf Verlust: „Just put me in a wheelchair, get me to the show.“

Auch wenn die Ramones nie so etwas wie einen Hit hatten und einander spätestens nach 1978 persönlich nicht mehr ausstehen konnten, hielten sie zwanzig Jahre lang stur an ihrem Stil fest. Als sie sich im Herbst 1996 auflösten, konnten sie auf 14 Studioalben und unglaubliche 2263 Konzerte zurückblicken. Jeder dieser Auftritte begann mit einem krude ins Mikro gebrüllten: „One – two – three – four“.

Ramones, 1976

Produzent/ Craig Leon

Label/ Sire Records

Eine harte, laute Gitarre schlägt ein paar Griffe an, die Bassdrum nimmt den 160 BPM-Takt auf und los geht’s: There’s no stoppin the cretins from hoppin. Keine Pause zwischen den Stücken ist länger als zwei Sekunden. So erlebte ich den ersten Kontakt zu den Ramones vor langer Zeit. Damals stand das Wort Punk in keinem Lexikon. Aber bald wusste ich, dass Punks nur in Grossstädten leben und gedeihen, ihr unveränderter Habitus aus T-Shirt, Lederjacke (schwarz), Jeans (mit Löcher und verwaschen) und Tennisschuhen besteht. Der Lebensinhalt des Punk ist Rotznase zu sein. Eine Rotznase, die ein hundertfünzigprozentiges Ego hat, immer zuerst zuschlägt und zuerst wegrennt.

Die dreizehn Titel auf der ersten Ramones-LP sind denn auch nichts anderes als Punk-Literatur mit dem Vorschlaghammer geschrieben und getreu der Punk-Devise „sich ja nicht von was auch immer einlullen zu lassen“ auch so richtig schön negativ. Oder sind Worte wie  “I’m a shock trooper in a stupor / Yes I am / I’m a Nazi shatze / You know I fight for fatherland” etwa positiv ??? Tja, und das kommt dann so unprätentiös daher wie ein Sack Zement. Allen überflüssigen Ballast wie Gitarren- und Schlagzeug-Soli haben die Ramones über Bord gekippt, was hier abläuft ist ein Drei-Akkord-Bombardement! Drei Akkorde und sonst nichts. Fast scheint es, als hätten Joey, Johnny, Dee Dee und Tommy seit frühester Kindheit in einem Kellerloch von Manhattan gehaust, kein Radio und keinen Plattenspieler gehabt und nie im Leben etwas von den Beatles oder den Pink Floyd gehört. Vielleicht war das auch gut so. Die Debüt-Scheibe der Ramones – man kann sie nur hassen oder lieben – gehört zu jenen Platten, die tatsächlich den Lauf der Kultur beeeinflusst haben.

The Ramones, Leave Home, 1977

Produzent/ Tony Bongiovi

Label/ Sire Records

Manchmal verfolgt einen tage- oder sogar wochenlang eine Melodie, womöglich noch ein Schlager, den man eigentlich gar nicht ausstehen kann. So habe ich letzthin im Radio „Glad To See You Go Go Go“ von den Ramones gehört und seither nudelt dieses Lied vor meinem inneren Ohr. Auch von der Platte „Leave Home“, auf der sich der Song befindet, kann ich zur Zeit nicht genug bekommen, ich kann zur Tages- und Nachtzeit einen Song vertragen.

„Leave Home“ ist das zweite Album der Ramones. Geändert hat sich seit ihrem Debüt-Album nicht viel, nur dass „Leave Home“ vielseitiger produziert ist. Der Sound kommt für damalige Verhältnisse sehr „fett“ rüber. Die nächste Neuerung findet sich in den Backing Vocals, die auf dem Debüt noch eher rar gesät waren. Hier gibt es in so gut wie jedem Song eine zweite Stimme oder an die Beach Boys erinnernde Background-Chöre, die den rauen Gitarrenklängen entgegenwirkend einen Hauch Surf-Pop geben. Auch das Songwriting geht in eine etwas freundlichere Ecke, als die Lieder des ersten Albums. „I Remember You“ oder „Oh Oh I Love Her So“ sind da programmatisch. Aber für „Carbona Not Glue“ gab es wirklich Ärger, weil eine Reinigungsfirma ein Trademark auf diese Chemikalie angemeldet hatte. Der Song wurde von allen Nachpressungen des Albums genommen und durch „Sheena Is A Punk Rocker“ ersetzt.