
The Rolling Stones, Mother’s Little Helper, 1966
Text/Musik/ Mick Jagger, Keith Richards
Produzent/ Andrew Loog Oldham
Label/ Decca
Hausfrauen nahmen gern das Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan, bis dessen schädigende Wirkung 1961 bekannt wurde. Danach sorgte Valium für Beruhigung – auch als Ausgleich für die aufputschende Wirkung vom Ampethaminen, die sehr beliebt waren. Die Gewohnheit, morgens Aufputsch- und abends Beruhigungsmittel einzuwerfen, sorgte bei Millionen von Menschen, die man gemeinhin dem braven Bürgertum zuordnete, für regelrechte Drogenabhängigkeit. Die Stones haben diesen unseligen Helferlein durch den Alltag der Mütter einen Song gewidmet: Mein Gott, dieser Stress heutzutage! Und die Kinder, die sind heute Monster! Mutter braucht heutzutage etwas, um sich zu beruhigen. Eine kleine gelbe Pille hilft ihr, durch den stressigen Tag zu kommen. Es gibt nur noch Fertiggerichte, frisches Essen zuzubereiten ist anstrengend geworden. Oder ist sie nur empfindlicher? Eigentlich hat sie ja alles, was sie sich sich gewünscht hat: Ehe, Familie, Wohlstand, die Segnungen der modernen Technik, Komfort – aber die Routine des modernen Lebens ist sinnentleert, und deshalb ist sie unzufrieden und sucht nach Betäubungen. Die Überdosis hat sie schon längst erreicht, und was dann kommt ist der Drogentod.
Das Beruhigungsmittel Valium (Diazepam) führt zu Entzugserscheinungen und Nebenwirkungen wie Angstzustände, Antriebsverlust, Wutanfällen, Halluzinationen, Gefühlskälte und Psychosen. Kein Wunder, dass es keinen Unterschied zwischen Eltern und Heroin-Junkies gibt. Auch die Motive gleichen denen eines gestressten Musikers. Und Keith Richards war gestresst. Er konsumierte schon jung Drogen, erst Alkohol und dann Amphetamin, LSD, Kokain und am Ende Heroin. Später hat Richards mit dem Glauben aufgeräumt, dass Drogen einen Musiker kreativer machen. Im Alter von 77 Jahren sagte er, dass die Drogen sein Leben nicht völlig ruiniert hätten, führe er alleine auf seine robuste, von den sportlichen Eltern geerbte, Konstitution zurück – doch Geld und gute ärztliche Versorgung dürften hier auch wesentlich dazu beigetragen haben.