
Lou Reed, Transformer, 1972
Produzenten/ David Bowie, Mick Ronson
Label/ RCA
Was an „Transformer“ sofort auffällt ist die stilistische Vielseitigkeit. Leider ist das aber durchaus nicht unproblematisch, denn die Flexibilität liegt keineswegs immer im Song selbst, sondern drückt sich vordergründig nur durch das Arrangement aus, ohne die musikalische Substanz entsprechend mitwachsen zu lassen. Ein Beispiel für ein solch verfehltes Konzept ist „Good Night Ladies“, das wohl nur als Veralberung der Nostalgiewelle einige Berechtigung hat. Auch „New York Telephone Conversation“ und „Make Up“ sind wegen ihrer langweiligen Melodie ziemlich schwach auf der Brust.
Die Platte gehörte sicher nicht zu meinen Favoriten des Jahres 1973. Wenn ich „Transformer“ unterm Strich dennoch ein gutes Album nennen muss, dann liegt das an den übrigen Songs, die alle mittlerweile beste Lou-Reed-Klassiker geworden sind. „Vicious“ „Walk On The Wild Side“, „Wagon Wheel“ sind dabei die besten Tracks, wobei auch sie in der Form erheblich voneinander abweichen. Ein phantastisches Beispiel für den spezifisch dekadenten Charme des Lou Reed ist „Walk On The Wild Side“. Hier wird der simple Song-Rohstoff durch eine grossartige Bearbeitungs-Ideen auf eine hohe Qualitätsebene transformiert. Der eigenwillige Text über die damaligen Freaks aus Warhols Factory wird mit aussagestarker Musik befrachtet, die dank ihrer Substanz ein übereifriges Arrangement überhaupt nicht nötig hat.
„Transformer“ wurde auf dem Höhepunkt des Glamrocks veröffentlicht. Lou Reed gelang es damals wegen künstlerischen Differenzen und seiner Drogensucht nicht richtig im Mainstream anzukommen. Dass er zwei Jahrzehnte später zu einer Konstante der breiten Rockmusik wurde, liegt auch an der Zeitlosigkeit von „Transformer“.