Dexy’s Midnight Runners, Too-Rye-Ay, 1982

Produzent/ Kevin Rowland, Clive langer, Alan Winstanley

Label/ Mercury

Wer sich so im Folk-Künstler-Latzhosen-Lederwesten-Outfit, trist kauernd, für das Cover porträtieren lässt, fordert es geradezu heraus, dass die Umwelt ihn an den eigenen Ansprüchen ersticken sehen will. Kevin Rowland benötigt dieses Gefühl ständiger Bedrohtheit und Anfeindung und jeder Song auf „Too-Rye-Ay“ ist das Postulat eigener Würde und eigenen Stolzes in einer Welt, die ihn fertigmachen will. Angefangen von „The Celtic Soul Brothers“ bis zum „Come On Eileen“, das nicht zu Unrecht Nummer 1 in England wurde, gibt es z.B. auch „I’ll Show You“, das sich mit all jenen befasst, die es als Jugendliche schwer hatten und im Erwachsenenleben die Kurve nicht hinbekommen haben und ihr Dasein als „Alcoholics, child molesters, nervous wrecks…“ fristen müssen.

Wenn Kevin Rowland  auf „Too-Rye-Ay“ sein keltisches Erbe gefunden hat, so hat das nichts mit Dubliners Saufballaden u.ä. zu tun, sondern mit jenem Irland-Mythos vom Land aus dunkler Vorzeit das sich ins Heute entwickelt hat und wo am ehesten noch Mythen aus den Anfängen der Menschheit zu spüren sind. Kein Wunder, dass er Van Morrisons „Jackie Wilson Said“ gecovert hat, der in Irland auch immer einen Bezugspunkt sah. Aber „Too-Rye-Ay“ macht sich nicht allein auf die Suche nach kulturellen Ursprüngen, in „Until I Believe In My Soul“ geht es auch um den Kern der eigenen Identität: „What’s going on here, this is just the difference between… it’s the battle between the body and the soul, the spirit…“

„Too-Rye-Ay“ ist eine zeitgemässe Antwort auf Selbstzweifel, Verlorenheit und auf die Angst vor aggressiven Images. Dexy’s Midnight Runners geizen nicht mit Übertreibungen. Immer dick aufgetragen, immer völlig hingegeben an süsse Melodien und aggressive Bläsersätze und immer furchtbar traurig oder himmlisch-besoffen-glücklich.