
Elvis Presley, Heartbreak Hotel, 1956
Text/Musik/ Mae Boren Axton, Thomas Durden
Produzent/ Stephen H. Soles
Label/ RCA Victor
Das Stück mit einem Text der Englischlehrerin Mae Durden aus Jacksonville und ihrem Mann Tom, aufgenommen am 10. Januar 1956 und zweieinhalb Wochen später veröffentlicht, erreichte drei Monate später die Spitze der US-Hitparaden. Die eigentliche Revolution von „Heartbreak Hotel“ bestand aber darin, dass hier zum ersten Mal eine grosse Plattenfirma einen Hit platzieren konnte, der über die Stil- und Rassenschranken reichte.
Die Intensität mit der in „Heartbreak Hotel“ Einsamkeit beschworen wird, ist bemerkenswert. Elvis singt den Song rabenschwarz in jeder Beziehung. Das Gefährliche ist nicht die Versuchung, von der er kündet, sondern diejenige, die er im Publikum auslöst. Mit jeder Strophe liefert er weitere Notfälle ins Heartbreak Hotel; entsprechend wird das „I feel so lonely“ mit „they feel so lonely“ oder, in der letzten Strophe, „you feel so lonely“ variiert.
Gerade indem der Song den Verlust feiert, den er beklagt, geht der Verlust über den Liebeskummer hinaus; er ist existentialistisch geprägt. Hier ist von der Verlassenheit einer Generation die Rede, die sich in der auf Sicherheit getrimmten Eisenhower-Ära nicht zurechtfinden will, die den Kalten Krieg abschütteln möchte und aufbegehrt, wenn auch zunächst ohne Alternativen. „Heartbreak Hotel“ hat den Weltschmerz zum Thema und liefert ihm quasi eine Absteige. Das Stück wirkt so kraftvoll, weil der Sound die Botschaft in ihr Gegenteil verkehrt. In der Interpretation von Elvis überwiegt nicht der Schmerz, sondern die Wut. Diese Ambivalenz hatten Mae und Tom Durden als sie den Text schrieben nicht beabsichtigt. Sie illustrierten nur eine Zeitungsmeldung über einen Selbstmörder, der als Abschied den Satz „I walk the lonely street“ hinterlassen hatte. „Everybody in the world has someone who cares“, sagte Mae Durden ihrem Mann; „so let’s put a Heartbreak Hotel at the end of this lonely street“.