John Cale, Music for a New Society/ M:Fans, 1982, 2016

Produzent/ John Cale

Label/ Domino

„Music for a New Society“ ist integrale Cale-Musik; grosse, einsame Balladen zu tiefen, brüchigen Keyboard-Arrangements, Sprechstücke zu unerhörten Kaputtklängen, federnde Pop-Songs („Changes Made“) und unvergessliche Stücke wie „Damn Life“, wo Cale mit nagender Stimme sinniert, während im Hintergrund ein akustisches Klavier sich durch „Freude schöner Götterfunken“ quält.

Das Original von „Music for a New Society“ ist eine musikalische Utopie, in der sich ein Musiker bewegen kann, als gäbe es keine Gesetze, Formen, Strukturen, die einem Vollblut-Nicht-Pop-Musiker das Leben schwer machen. Das Ganze ist sparsam produziert, oft von John Cale im Alleingang eingespielt. Später werden irreale Szenen und Situationen konstruiert und zerstört. Da werden Felder von Tom Waits bis zu Schönbergs E-Musik durchquert, grosser Kitsch und weise Selbstironie durcheinandergeworfen. Der alte Cale-Standard „Close Watch“ aus „Helen of Troy“ kommt hier in einfacherer Form daher.  In „Risè, Sam and Rimsky-Korsakov“ spricht eine Frau vor einem verzerrten Klangbrei mit Klavierklängen von Rimsky-Korsakov einen Cale-Text. Was für ein krasser Gegensatz zu dem fast dylanesken Gitarre/Viola-Song „Chinese Envoy“, oder dem kitschigen „Broken Bird“.

Die Neubearbeitungen der Songs von 2016 sind völlig anders als die Originale; härter, schneller, elektronischer. Sicherlich nicht mehr auf dem damaligen Niveau, aber doch meist interessant, wenn man sie öfter hört. Die „M:Fans“-Version von „Close Watch“ bewegt sich schon nahe am Dark Wave und ist durchaus für düstere Tanzflächen geeignet. Für mich kommt „M:Fans“ eher einer Fussnote gleich zu den eleganten Elegien, die John Cale in seinem Meisterwerk von 1982 aus der Taufe gehoben hatte.