The Rolling Stones, 1964

Produzent/ Andrew Loog Oldham

Label/ Decca

Um 1960 existierte der Blues in seiner Heimat nur noch als weltfremdes Ideal einer weissen Bildungselite. In Irland und England hörten Geschmacksfreibeuter und Klangterroristen zur selben Zeit lieber Leadbelly und Hank Williams als toupierte Schlagertussis. Mick Jagger und Keith Richards dachten als Kinder, Big Bill Broonzy sei der letzte Überlebende einer seltsamen Rasse – eine Art Pandabär – zum Aussterben verurteilt. Also entschlossen sich all over Great Britan eine Handvoll Jungspunde zu einer Rettungsaktion. In jeder grösseren Stadt gab es bald einen Club, wo man solch fehlgeleitete Teenager samt ihren kettenrauchenden Mentoren den Rhythm und den Blues tun lies.

Ein völlig unpassend zusammengewürfeltes Sextett um den Sänger Mick Jagger und zwei Gitarristen namens Brian Jones und Keith Richards nahm schliesslich 1963 diese Bluessache selbst in die Hand. Richards formulierte das damals sehr treffend, dass Negermusik nur keiner hören wolle, weil die Macher alle alt, hässlich und schwarz seien. Also eliminierten die ansehnlichen Taugenichtse alles Alte und hellten manches Schwarze auf; vorallem fummelten sie am oft gemächlichen Tempo ihrer Helden, schraubten ein wenig am Auspuff herum, packten ordentlich Hysterie in den Tank und legten schliesslich einen Kavaliersstart hin, dessen Bremsspur noch heute nach verbranntem Gummi riecht: das titellose Debüt der Rolling Stones.