Alice Cooper, Elected, 1972

Text/Musik/ A. Cooper, M. Bruce, G. Buxton, D. Dunaway, N. Smith

Produzent/ Bob Ezrin

Label/ Warner Bros.

November 1972. Wahlen in den USA: An der Wiederwahl des Republikanes Richard Nixon gibt es keine Zweifel: Aussenpolitische Entspannung zu China, Rückzug aus Vietnam, stabile Wirtschaftslage – all dies sind Faktoren, die für den demokratischen Gegenkandidaten George McGovern keinen Spielraum bieten, mit alternativen Themen zu punkten. Entsprechend verheerend ist das Ergebnis für ihn: 60,7 % der abgegebenen Stimmen gehen an Nixon.

Die Alice Cooper Band hat zu diesem Zeitpunkt grossen Erfolg. Nach dem Album „School’s Out“, das ihnen ausverkaufte Konzerthallen und sprudelnde Einnahmen durch unzählige Plattenverkäufe beschert, steigen sie mit „Billion Dollar Babies“ in die oberste Liga der zeitgenössischen Rockgruppen auf. Und nicht nur das, die Bühnenshows sind legendär: satanistische Schockorgien mit Blut und Hinrichtungen begeistern die Massen. Tugendwächter erzürnen sich an den skandalträchtigen Auftritten.

Der Song „Elected“ ist sicher nicht der beste Song auf dem Album, aber es ist eine wunderschöne Verballhornung von amerikanischem Wahlkampfgebaren. Wie Alice Cooper da seinen fiktiven Wahltriumph ins Werk setzt, zunächst aggressiv mit E-Gitarren-Feuerwerk, das zum Schluss hin durch Bläsersätze ergänzt und schliesslich sogar durch einen Reporter in einem News-Flash als „gewählt“ bestätigt wird – das ist ein heftiges Gegengewitter zu dem Starrummel, der sonst den Präsidenten zuteil wird.

Die Jugend hätte wohl keinen Zweifel daran gehabt, dass Alice Cooper im Weissen Haus einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen hätte. Stattdessen nimmt dort erneut Richard Milhous Nixon Platz und er darf noch knapp zwei Jahre amtieren – bis er infolge eines winzigen zufällig entdeckten Klebebandes und der im Weiteren folgenden Watergate-Affäre als erster Präsident der USA 1974 zurücktreten muss.

Alice Cooper, School’s Out, 1972

Produzent/ Bob Ezrin

Label/ Warner Brothers

Ich hätte die Platte auch gekauft, wenn sie nicht in einem Damenslip aus weissem Papier verpackt gewesen wäre. Alice Cooper gehörte damals nämlich eindeutig zu den Musikern, die man nicht hörte, wenn man sich einbildete, etwas von Rockmusik zu verstehen. In der Szene, zu der ich gehörte, galten Bands wie Slade, T. Rex oder eben Alice Cooper als Angeber und Anpasser, die nichts im Sinn hatten, als gross Kohle zu machen.

Aber für mich gab es durchaus ein paar Argumente „School’s Out“ zu kaufen. Hatte doch Alice Cooper die ersten Alben von 1969 und 1970 auf Frank Zappas Label Straight Records veröffentlicht. Das Gitarrenriff für den Song „School’s Out“ könnte auch von Led Zeppelins Jimmy Page sein, Ritchie Blackmore von den Deep Purple oder von Pete Townshend von den Who. Zudem hatten Zeilen wie „School’s out forever“ oder „School’s been blown to pieces“ durchaus etwas rebellisches. Nicht nur, dass sie die Verhältnisse auf den Kopf stellten: Nicht mehr die Schüler waren dirty, sondern die Lehrer. Es wird sogar angedeutet, die Schule in die Luft zu sprengen.

Gründe gegen die Platte gab es auch. Ich hielt nichts von der aufwendig inszenierten Bühnenshow: Alice Cooper hängte sich bei jeder Gelegenheit eine Boa Constrictor um den Hals, trank literweise Theaterblut, liess sich köpfen, hängen und zersägen, hantierte mit Peitschen, Kettensägen und Särgen, liess Schulmädchen, Nonnen, Prieser und Teufel auftreten. Hauptgrund gegen „School’s Out“ war aber auch das vernichtende Urteil der Freunde, das so sicher war wie das einstimmige Lob jeder neuen LP von Jethro Tull, Frank Zappa oder John McLaughlin. Dieses Urteil war aber einfach zu umgehen: von einigen Platten, die 1972 neben meinem Lenco-Plattenspieler standen, wussten die Freunde nämlich nichts. Leonard Cohen hörte ich damals genauso heimlich wie Crosby, Stills, Nash & Young.