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David Bowie, Rebel, Rebel, 1974

Text/Musik/ David Bowie

Produzent/ David Bowie

Label/ RCA Victor

Wer nicht rebelliert, schockiert. Die Schocker der 70er Jahre begehrten gegen die Rebellen der 60er Jahre auf, indem sie ihren Machismo attackierten. Daraus entstand die Figur des androgynen Stars, wie er in den 70ern von David Bowie oder Marc Bolan, in den 80ern von Prince und Madonna perfektioniert wurde.

David Bowie hat 1974 einen Song geschrieben, der die Auflösung der einen Rolle durch die andere, des Rebellierens durch das Schockieren, des Hetero- durch das Bisexuelle zum Inhalt hat. Mit einer „bodentiefen Verneigung vor den Stones“ parodiert Bowie das Gitarrenriff von „Satisfaction“ und beginnt mit den Zeilen: „Got your mother in a whirl/ She’s not sure you’re a boy or a girl.“ um später den Refrain nachzuschieben: “ Rebel rebel, you’ve torn your dress/ Rebel rebel, your face is a mess/ Rebel rebel, how could they know?/ Hot tramp, I love you so“.

„Rebel Rebel“ schon die Verdoppelung verhöhnt den Gestus – feiert einen Subversionsmythos, der in einer Hymne auf androgyne Verlockungen verhöhnt wird. Camp heisst diese Rolle, der Bowie seinen Karrierestart verdankt.

Der Begriff, einst Ausdruck für homosexuelle Kommunikationsgestik in repressiven Zeiten, war von der amerikanischen Schriftstellerin Susan Sontag bereits 1964 in ihrem Buch „Notes On Camp“ kulturell verallgemeinert worden. Der Unterschied zwischen Dandy und Camp, so Sontag, liege in der Einstellung zur Vulgarität: Camp beflügle sich nicht am Wahren und Guten, sondern am schlechten Geschmack der anderen.

10 Gedanken zu “

    1. Gern geschehen! Musik und soziale Haltung hatten auch mehr miteinander zu tun. Es war nicht einfach Farbe zu bekennen, als David Bowie Anfang der 70er Jahre auftauchte, mit den Plateauschuhen, dem einschulterfreien Trikot, den Kunstlederjäcken. So ein Typ im Make-up, mit Haaren in der Farbe von Karotten stiess ungut auf. Billig, affig und völlig daneben sei der.

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    1. Die Single „Rebel Rebel“ war damals ein Riesenhit. Auf dem Album „Diamond Dogs“ sind noch ein paar ebenfalls gute, wenn auch schräge, dissonante Nummern.

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  1. Tja, sieh mal einer guck! Da hab ich einen jahrzehntelangen Verhörer gehabt: „Rebel rebel face under mask“ hab ich nämlich immer verstanden. Bowie war schrill und extravagant, dieses Androgynending war mir völlig wurscht. Dass er im Kleid auftrat, bzw. sich ablichten ließ nahm ich als Bürgerschreckprovokation. Später hat er das ja auch als Marketingidee abgetan und lebte stramm hetero.

    Da ich bald herausfand, dass er textlich eher mit bunten Phrasen blendet, als wirkliche Botschaften zu verkünden, haben mich Komplettübersetzungen auch nie richtig interessiert, trotz jahrzehntelangem Fantum! Ts-ts-ts.

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    1. Das ist mir auch passiert: Rebel, rebel put on your dress“ anstatt „Rebel rebel, you’ve torn your dress“. Bei einem Rocksong sind halt Text und Musik, Sound und Phrasierung eng miteinander verbunden. Ich sehe Bowies Texte auch nicht als Standpunkte, sondern als Stationen seiner Wechsel. Er hat sich immer bedient, an dem was sich ihm geboten hat und ist damit sehr ökonomisch umgegangen, zu dem Zweck bekannt oder berühmt zu sein. Ein grosser Pop-Darsteller eben.

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      1. Dem aber Jagger erst in der Rebel Rebel Phase das Rechnen beigebracht hat, so dass was übrigblieb, bei all dem Koksen.
        (Sie „David Bowie“ von Angie Bowie. Extrem informatives Buch.)

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