Bonnie Raitt, Nick of Time, 1989

Produzent/ Don Was

Label/ Capitol

Bonnie Raitt hat eine 50jährige Karriere mit diversen Grammy-Siegen und kommerziellen Hochs hinter sich. Dass ein Erfolg in den USA mit den auf den amerikanischen Markt zugeschnittener Musik kein Garant ist für vergleichbare Popularität in Europa, mag jene verblüffen, die in der Alten Welt nur einen Kulturvasallen der Kaugummifresser sehen. Bonnie Raitts Musik dürfte der Albtraum eines jeden Hip-Hopper und Elektro-Wavers sein. Schwerer R&B-Background, Boogie-Piano, kratzige Slide-Gitarre und dazu diese gönnerhaft raspelnde Stimme. Die Band besteht aus gestandenen, schwerknochigen Südstaatlern, mit Visagen, wie sie auch ein neger- und frauenverachtender Alabama-Faschist gerne aus dem Fenster seines Diesels rausgrinsen liesse.

Doch Bonnie Raitt ist eine warmherzige Frau, ihre Band eine homogene Zusammenstellung hochsensibler Musiker und „Nick Of Time“ ein grossartiges Album – mit kleinen Einschränkungen. Angenehm die Produktion von Don Was, der glücklicherweise darauf verzichtet hat, dem Album den Was- (Not Was)- Sound verpasst zu haben. Vielleicht hätte er Unsäglichkeiten wie den komischen Reggae-Groove in dem sonst sonst schönen „Have A Heart“ verhindern können. Aber mir gefällt die Leidenschaft bei „Real Man“ und die unkonventionelle Adaption des John Hiatt Stücks „Thing Called Love“. Neben hausgebackenem Mainstream, gibt es auch ein paar Blues-Songs und Balladen, wie „Nobody’s Girl“, bei denen jene Bodenständigkeit durchkommt, für die Bonnie Raitt in ihrer Heimat so geliebt wird.