The Pogues featuring Kirsty MacColl, Fairytale of New York, 1987

Text/Musik/ Jem Finer, Shane MacGowan

Produzent/ Steve Lillywhite

Label/ Pogue Mahone

Der ursprüngliche Impuls ist umstritten: Pogues-Sänger Shane MacGowan, berichtete, er sei mit Elvis Costello eine Wette eingegangen. Dieser habe behauptet, er, nämlich MacGowan, würde nie ein anständiges Weihnachtslied zustande bringen. Der damalige Pogues-Manager Frank Murray gab dagegen an, es sei seine Idee gewesen. Jedenfalls stammte der nächste Pass von Jem Finer, dem Banjospieler der Pogues: Er hatte zwei Lieder geschrieben, eins mit gutem Text und lausiger Melodie, eins mit lausigem Text und guter Melodie. MacGowan nahm den Ball geschickt mit links ab, beförderte ihn auf den rechten Fuss und kombinierte guten Text mit guter Melodie. Dann kam Kirsty: Produzent Steve Lillywhite, nahm die Aufnahme nach Hause mit, die tragischerweise, verstorbene, aber unsterbliche Kirsty MacColl, seine damalige Ehefrau, sang ihren Part, und voilà: Das lustigste, traurigste und auf jeden Fall schönste Weihnachtslied der Popgeschichte war entstanden.

Noch heute muss ich jedes Mal ein bisschen schlucken, wenn das Lied am Radio kommt. Die Mischung aus Trotz, Wut, Resignation, Lebenslust, Liebe, Festlichkeit und Humor, welche das von MacColl und MacGowan inszenierte Paar an den gesanglichen Tag legt, ist einmalig. Wie eigentlich fast alles, was MacColl jemals gesungen hat.

The Pogues, If I Should Fall From Grace With God, 1988

Produzent/ Steve Lillywhite

Label/ Island Records

„If I Should Fall from Grace with God“  von den Pogues hat mir immer gefallen. Die Songs sind alle in der schäumenden, fülligen, samtigen, vielseitigen Art von Steve Lillywhite produziert. Der Einstieg macht das Stück, das dem Album den Namen gab – ein schnelles Lied mit unglaublichem Drive. Shane MacGowan singt hier mit seiner rohen Stimme über die Verzweiflung und über die totale Zerstörung. Die nachfolgenden Lieder sind Sauflieder par excellence: „Turkish“ und „Bottle of Smoke“. Die Sprache ist grob, die Witze dreckig.

Bei „Fairytale of New York“ kommt der Bruch; das Weihnachtslied, ein Duett mit Kirsty MacColl, ist trotz der kaputten und traurigen Geschichte wunderschön. „Thousands Are Sailing“ ist ein Song über die Auswanderung von Hunderttausenden Iren im 19. und 20. Jahrhundert. Auch „Streets of Sorrow“ ist politisch: Es geht hier um die Birmingham Six – sechs Männer die in Birmingham fälschlicherweise für IRA-Bombenanschläge im Jahr 1975 zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt wurden. „The Broad Majestic Shannon“ ist ein tröstendes Liebeslied mit der schönen Chorus-Zeile „Take my hand and dry your tears babe, take my hand forget your fears babe“. Shane MacGowan ist ein echter Poet, seine Lieder sind Kunstwerke. Und so abrupt wie der ganze Spass angefangen hat, so abrupt hört er auch wieder auf. „Worms“, das letzte Lied auf dem Album, schildert wie wir am Ende alle von Würmern aufgefressen werden. Ein ziemlich schräges, aber passendes Ende.