Randy Newman, Born Again, 1979
Produzent/ Lenny Waronker, Russ Titelman
Label/ Warner Bros.
Meiner Erfahrung nach ist dies das am wenigsten beliebte Werk von Randy Newman, weil zu sehr Pop, zu wenig Songwriting. Aber völlig zu Unrecht. Hier sind auf wenig mehr als einer halben Stunde so viele Ideen zusammengepfercht, dass jeder der elf Songs zu einem höchst verdichteten Story-Kunstwerk wird. Am faszinierendsten dabei ist, die auf dieser Platte ins Extreme getrieben Fallhöhe zwischen den trockenen, reduzierten Texten und perfekt produzierter, breitwandiger Instrumentierung.
„It’s Money That I Love“ enthält u.a. die Strophe: „Used to worry about the poor/ But I don’t worry anymore/ Used to worry about the black man/ Now, I don’t worry about the black man/ Used to worry about the starving children of India/ You know what I say now about the starving children of India/ I say, oh mama/ It’s money that I love“ – Das ist Zündstoff, obwohl die badeschwammartige „Toleranz“ von gesetzten älteren Randy-Newman-Fans eigentlich alles aufsaugt. Dazu gibt es das Cover: Randy Newman mit Kiss-Maske an einem Technokraten-Schreibtisch, zwei grosse Dollarscheine im Gesicht.
Provozieren dürfte die Anhänger des guten Geschmacks auch das bombastische Orgelintro zu „Pants“, das im übrigen das alte Thema von „Take Off Your Clothes“ variiert. Eine Variante von „Love Story“ ist „They Just Got Married“, das abgewandelte Ende: „A couple of years go by/ She’s going to see the doctor/ It’s just a regular checkup (oh no)/ Plus she thinks she might be pregnant/ Anyway, she dies/ And he moves down to Los Angeles/ Meets a foolish young girl with lots of money/ Now they’re getting married“.
„Born Again“ ist eine durch und durch ausgezeichnete Randy-Newman-Platte, bei der allerdings solche Höhepunkte wie „In Germany Before The War“ und „Sigmund Freuds Impersonation Of Albert Einstein In America“ fehlen.
Yep. Der Radioaufhänger damals war „I love that ELO“. Ein – natürlich böser – Okrwurm. Ich mag die Scheibe mehr als die“ little Criminals“ oder die „12 songs“.
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Die bissig, satirische Hommage an das Electric Light Orchestra konnte sich ja durchaus hören lassen. Das ganze Album „Born Again“ mit seinen Geschichten über Homophobe, Paranoiker, amoralische Geldsäcke und einsame alte Männer rief aber zwiespältige Reaktionen hervor. Kritiker warfen Randy Newman „Misanthropie, Nihilismus und ein ungewöhnliches Mass an Verbitterung“ vor. Fehlte nur noch, dass sie ihm Mangel an „positivem Denken“ vorhielten.
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Zu all diesen Vorwürfen würde mir eher Van Morrison einfallen.
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1979 gab es eine Schwemme toller Platten. Eine davon war für mich „Into The Music“ von Van Morrisson. Ein sehr entspanntes, sonniges Album, das ich auch heute noch gerne auflege. Dieser Van Morrison, dem es nur noch darum geht, die Maschinen am Laufen zu halten und auf den Scheck zu warten, kam für mich erst später.
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Der war doch irgendwann mal im Rockpalast mit so einem erbärmlich lahmlangweiligen Auftritt. Ich meine – das muss auch 79 gewesen sein.
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Den Rockpalastauftritt habe ich damals verpasst, aber „Wavelength“ fand ich ziemlich erbärmlich, mit dämlichen Texten und halbherzig modernisierter Musik. Bei „Into The Music“ hat er sich dann wieder an der klassischen Phase orientiert. Das Album erinnert mich an „Tupelo Honey“.
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Wohingegen ich sicherlich nicht Anspruch erheben kann die Musik von Randy Newman im Detail zu kennen, scheint mir dieses Album typisch für ihn zu sein, basierend auf anderen Stücken, die ich von ihm in der Vergangenheit gehört. Das Kombinieren von eingängigen Melodien mit “bösen Texten“ scheint mir Newmans Markenzeichen zu schein.
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Randy Newman ist unverwechselbar. Seine provozierenden Texte widerspiegeln sehr bewusst die Vorurteile einer spiessigen und oft auch arroganten (nicht nur amerikanischen) Mittelschicht. Seine frühen Songs haben zwar mittlerweile historisches Zeitkolorit, aber ihre kritischen Inhalte lassen sich mühelos auch auf heutige politische Verstrickungen und aktuell menschenverachtendes Verhalten der Mächtigen übertragen. Neben „Born Again“ finde ich auch „Sail Away“ (1972), „ Little Criminals“ (1976) und „Land Of Dreams (1988) sehr gelungen.
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“Land of Dreams” ist ein Album, welches ich kenne, aber schon sehr lange nicht mehr gehört habe. U.a. kann ich mich an “It’s Money That Matters” erinnern, an anderer “böser” Song mit einem Text, der nach wie vor sehr relevant für Amerika ist.
Die anderen Alben, die Du erwähnt hast, sagen mir gegenwärtig nichts basierend auf den Titeln. Möglicherweise kenne ich das ein oder andere Stück.
In jedem Fall werde ich diese Alben im Hinterkopf behalten. Dank Dir für die Tips!
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„Land of Dreams“ mit so illustren Musikern wie Mark Knopfler, Guy Fletcher, Tom Petty, Mike Campbell und Jeff Lynne ist eine der bekanntesten Platten von Newman (den Song „It’s Money That Matters“ habe ich vor ca. einem Jahr vorgestellt). Das Album „Little Criminals“ stammt aus der Zeit, in der er die Pianofiguren der linken Hand durch Bässe oder E-Gitarren doppeln liess. Die Single-Auskoppelung „Short People“ gehört wohl zu seinen grössten Hits.
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“Short People” ist mir definitiv bekannt. Ich höre gerade in das “Sail Away” Album hinein – mehr “böse” Texte!😀
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Newmans Texte können selbst für einen gut englisch sprechenden Zeitgenossen noch missverständlich sein, man muss also höllisch aufpassen, dem Künstler nicht in die von ihm selbst aufgestellte „Falle“ zu tappen.
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Another „Great“ pick!
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Mr. Sardonic is at his best here, from the album cover to the very last song.
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Yep! He does it well. Nice always to hear from you hotfox63.
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Thanks. I like the smell of coffee.
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That is good to know.❤🍵
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As usual our paths cross musically. I listened to ‚Sail Away‘ today. I have never listened to this one. Time to change that. Cut you posted sounds good to me.
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Mr. Newman’s self-parody on the cover says it all. It’s almost as if he’s written songs about what he saw in the newspaper. Spies, gay truckers, English rock bands, sheepish men, exhibitionists, silly rich people, a man telling about the women in his life, etc. Just random stuff. When you listen the songs compliment each other so well that the albums ends well before you are ready.
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I’m going to bracket time for this one. Thanks Fox.
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