Joy Division, Unknown Pleasures, 1979

Produzent/ Martin Hannett

Label/ Factory

Für mich bleibt „Unknown Pleasures“ stark mit der Zeit seines Erscheinens verknüpft, 1979: Punk hallte noch nach, Postpunk riss die Popmusik in alle Richtungen auf, und da tauchte diese Band aus Manchester auf, die Punksongs spielte, simpel und direkt, denen jedoch Wut, Lärm, Aufbegehren und Provokation abgingen. Joy Division das war gedrosselter, ja sedierter Punkrock; statt krachender Riffs tröpfelten dünne, einsam wirkende Klänge durch riesige verhallte Räume, die sich anfühlten wie verlassene Fabrikhallen im Winter. Und dann diese Stimme, deren Klang allein schon so viel von dem ausdrückte, was viele empfanden. Und alle diese Textfetzen, die sich festkrallten: „Guess the dream always end, they don’t rise up, just descend, but I don’t care anymore“ zum Beispiel, oder „Confusion on her eyes, that says it all – she’s lost control“. Keine Wut mehr, kein Aufbegehren, sondern Schwermut, Resignation, Perspektivlosigkeit und die existenziellen Ängste unsicherer Heranwachsenden.

Leider konnte Ian Curtis sich selbst nicht aus seinem inneren Gefängnis befreien, oder der traurige Suizid war sein Versuch der Befreiung. Nur wer sich vor Depressionen fürchtet oder sich noch nie mit den negativen Aspekten des Lebens auseinandersetzen musste, gar davor flüchtet, auf den wird diese Musik immer beängstigend wirken. Für mich ist es ein Album für die Zeit, das die Zeit überdauerte – eines der einflussreichsten Debüts überhaupt.

14 Gedanken zu “

  1. Eine Hammerband. Für mich erzeugte ihre Musik eine ganz besondere Atmosphäre, der ich mich damals kaum entziehen konnte. Manche ihrer Stücke haben ihren festen Platz auf meinem Inselmix.
    Das Stück „Day of the Lords“ (nach dem von Ihnen präsentierten) gehört für mich unbedingt dazu. Auch das in Berlin dazu aufgenommene Video verstärkt den Text noch mehr.

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    1. Danke Herr Ärmel! Joy Division haben mich vor vier Jahrzehnten oft durch schwere Zeiten begleitet. Ob berufliche Misserfolge, erfolgloses Verliebtsein, hormonell bedingter Aufruhr, angestaute Wut, generelle Melancholie oder gepflegter Weltschmerz – Joy Division hatten fast immer das passende Stück im Repertoire. Bei mir war es vielleicht weniger das Stück „Day of the Lords“, sondern „Shadowplay“, das damals auf ausgeleierter Kassette permanent im Walkman rotierte.

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      1. Der Bass eingangs auf Shadowplay verweist bereits auf das, was folgen wird . . . Auch ein klasse Lied:
        „…To the centre of the city where all roads meet – waiting for you
        to the depths of the ocean where all hopes sank – searching for you…“
        Wer da nicht mitleidet, der hat kein Herz . . .

        Au weia, die leiernden Kassetten und schlussendlich der Bandsalat im Kassettenrekorder im Auto. Der Gau!

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      2. Wir hatten uns damals jede Menge Kassetten aufgenommen. Eine Kassette, von oder für ein Mädchen war anders, als die Kassetten, die wir Jungen uns gegenseitig aufnahmen. Hier ging es vorallem um die Fortsetzung des Fachsimpelns mit anderen Mitteln und Zurschaustellung seiner Plattensammlung.

        Trotz der gegenwärtigen – und immer noch ausserordentlichen Lage – haben die Lieder von Joy Division für mich heute keine direkte Wirkung mehr. Aber sie ermöglichen mir eine musikalische Relativierung der Gegenwart, indem sie mich zurückversetzen in schwere Zeiten, aus denen es kein Entrinnen zu geben schien.

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      3. Ihren formidablen ersten Absatz unterschreibe ich hiermit vollumfänglich 😉
        So wars – genau so!

        Neben der Musik sind für mich die Texte der Stücke meist ebenso wichtig. Insofern sich mein Lebensweg und meine Befindlichkeiten verändert haben, sind heute die Wertigkeiten vieler Texte andere. Viele wecken Erinnerungen an schöne und auch an weniger schöne Ereignisse und Erfahrungen. Manch andere Lieder haben jegliche Bedeutung verloren.

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  2. This is one of the bands that I must explore more. I’ve seen blogs about them and him but never „listened“ and explored. Sad story though.

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    1. Recently I asked a younger neighbor on our street whether his „Unknown Pleasures“ T-shirt was a statement or a coincidence. He said a statement. But not the music of his youth, I said, „Yes“ he replied, „but probably a few years later than yours“. „Unknown Pleasures“ is a classic album with a timeless aura, which will probably still meet the lifestyle of adolescents in ten, twenty, forty and probably in sixty years from now.

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  3. Another band that I haven’t given enough time to but who I like. You can here. They had their sound that’s for sure. I’m to lazy to research but U2 comes to mind every time I hear JD.

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    1. I traveled to North England and Scotland in 1977s, and also visited Manchester, Birmingham and Liverpool. These cities were still coal area, bleak and gloomy. The music of Joy Division expresses a lot of the social and societal cold of the 70s in Great Britain. For me has this music not so much in common with U2, more with Velvet Underground, Jim Morrison and the Doors, Iggy Pop and the Stooges – they all lived this overexcited expressionism, this all-security-negating radical game of never less than everything.

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    1. Never mind! I just don’t know if joy or pleasure are the primary words I would think of listening to this music. It’s kind of funny that way, because its really pretty dark stuff. But very good dark stuff.

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