Randy Newman, It’s Money That Matters, 1988

Text/Musik/ Randy Newman

Produzent/ Mark Knopfler

Label/ Reprise Records

Ob nun erschwindelt, geerbt, angeheiratet, herbeispekuliert, beim Glücksspiel gewonnen oder hart erschuftet – ein grosse Menge Geld ist eine feine Sache. Und der erste vernünftige Schritt, wenn der Kontostand den zehnstelligen Bereich erreicht hat, besteht natürlich darin, ein Teil davon zu spenden. Soziale Projekte erhalten einen grosszügigen Zustupf, denn wer hat, der soll auch geben. Das hat weitgehend anonym zu erfolgen. Nach Erfüllung dieser ersten Verpflichtung, die immenser Reichtum mit sich bringt, ist der Weg frei für ein Leben voller Luxus, Exzentrizitäten und Ausschweifungen aller Art. Aber eben: Womit vertreibt man sich die Zeit, wenn man ganz oben an der Spitze der Champagnerglaspyramide angekommen ist, wo die Temperatur konstant 24.5 Grad beträgt und die Sorgen in so weite Ferne gerückt sind, dass man sie nicht mal mit dem Hubble- oder dem Jimmy- Webb-Teleskop aufspüren könnte? Nun, erst mal müssen ein paar Dinge angeschafft werden: ein grosses Haus auf dem Hügel mit einem riesigen Swimmingpool im Garten und drei Steinways für den Speisesaal, eine Oldtimer-Flotte und eine Super-Blondine für bessere Vibes. Die Liste an benötigtem Hochpreis-Grundbedarf lässt sich natürlich nach Belieben verlängern.

Obschon Arbeit nach dem Aufstieg von den Guten zu den Mehrbesseren irrelevant geworden ist, ist weiterhin Tätigkeit gefragt, man will ja schliesslich ein paar coole Mythen kreieren, die das stets mitreisende Biografen-Team in Worten, Bildern und filigranen Reliefs dokumentiert. Fast schon zum Pflichtprogramm gehört es, als reicher Fuzzi in den Weltraum zu gelangen. Und wer es sich leisten kann, dass Herkömmliche hinter sich zu lassen, der sollte auch auf Smartphones verzichten. Mit der Welt kann man nämlich auch bequem per Satellitentelefon oder einer ganzseitigen Anzeige in der „New York Times“ kommunizieren. Oder per Beitrag in einem kleinen Musikblog.

Randy Newman, Trouble In Paradise, 1983

Produzent/ Russ Titelman, Lenny Waronker

Label/ Warner Bros.

Die Welt ist mindestens so tragisch wie komisch. Zuverlässig real sind in Randy Newmans Songs nur die Sehnsucht und die Trostbedürftigkeit. Er mag ein trauriger Zyniker sein, aber er ist es als Humanist. Obwohl Newmans Musik und vor allem seine gallig-satirische Dichtungs- und Betrachtungsweise eher nach Europa passen, hat er sich seine innige Hassliebe zu den USA, zu ihren Obsessionen und Perversionen erhalten. Auch auf „Trouble in Paradise“ kultiviert er diese Hassliebe in altbewährter Manier als seinen Beitrag zum amerikanischen Paradoxon.

Auf dem Album gibt es drei „Städteporträits“ im typischen Newman-Stil: „Miami“ beschreibt die Stadt, die zu einem einzigen aber völlig realen Disneyland umfunktioniert wurde, ohne es zu merken. „Christmas In Capetown“ geht sehr hintergründig auf den Rassismus im Unterbewusstsein ein. Der Song schlägt damit eine Brücke zwischen Newmans geliebter sonniger Lebensweise und seiner Bösartigkeit gegenüber der dort verbreiteten Borniertheit zwischen dem völlig ehrlich gemeinten Song „I Love L.A.“ und dem alten „Rednecks“ ( „We don’t know our ass from a hole in the ground/ we are rednecks and we are keeping the niggers down“.)

Musikalisch hat sich wenig geändert bei Randy Newman. Mal arrangiert er mit der Fülle eines Philharmonikers, mal mit dem Feingefühl eines Neuro-Chirurgen. Für Perfektion sorgt die erste Riege der Studiomusiker. Einige Songs wirken extrem glatt, fast schon auf amerikanische Hitparaden-Stromlinienform getrimmt. Da muss man schon genau hinhören. Nicht nur, weil Randy gern nuschelt, sondern vor allem, weil er mit Worten spielt, überspitzt und voller Hohn und Sarkasmus Missstände kritisiert. Und das wurde nicht immer verstanden.

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Randy Newman, Born Again, 1979

Produzent/ Lenny Waronker, Russ Titelman

Label/ Warner Bros.

Meiner Erfahrung nach ist dies das am wenigsten beliebte Werk von Randy Newman, weil zu sehr Pop, zu wenig Songwriting. Aber völlig zu Unrecht. Hier sind auf wenig mehr als einer halben Stunde so viele Ideen zusammengepfercht, dass jeder der elf Songs zu einem höchst verdichteten Story-Kunstwerk wird. Am faszinierendsten dabei ist, die auf dieser Platte ins Extreme getrieben Fallhöhe zwischen den trockenen, reduzierten Texten und perfekt produzierter, breitwandiger Instrumentierung.

„It’s Money That I Love“ enthält u.a. die Strophe: „Used to worry about the poor/ But I don’t worry anymore/ Used to worry about the black man/ Now, I don’t worry about the black man/ Used to worry about the starving children of India/  You know what I say now about the starving children of India/ I say, oh mama/ It’s money that I love“ – Das ist Zündstoff, obwohl die badeschwammartige „Toleranz“ von gesetzten älteren Randy-Newman-Fans eigentlich alles aufsaugt. Dazu gibt es das Cover: Randy Newman mit Kiss-Maske an einem Technokraten-Schreibtisch, zwei grosse Dollarscheine im Gesicht.

Provozieren dürfte die Anhänger des guten Geschmacks auch das bombastische Orgelintro zu „Pants“, das im übrigen das alte Thema von „Take Off Your Clothes“ variiert. Eine Variante von „Love Story“ ist „They Just Got Married“, das abgewandelte Ende: „A couple of years go by/ She’s going to see the doctor/ It’s just a regular checkup (oh no)/ Plus she thinks she might be pregnant/ Anyway, she dies/ And he moves down to Los Angeles/ Meets a foolish young girl with lots of money/ Now they’re getting married“.

„Born Again“ ist eine durch und durch ausgezeichnete Randy-Newman-Platte, bei der allerdings solche Höhepunkte wie „In Germany Before The War“ und „Sigmund Freuds Impersonation Of Albert Einstein In America“ fehlen.

 

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Randy Newman, Little Criminals, 1977

Produzent/ Lenny Waronker, Russ Titelman

Label/ Reprise

Randy Newman hatte mit „Short People“ ziemlich Schwierigkeiten bekommen, der Song durfte beim Erscheinen von den US-Radio-Stationen nicht gespielt werden. Wenn es nun simpel gegen kleinwüchsige Menschen ginge, wäre das auch eine vernünftige Entscheidung; aber so schlicht wird man Randy Newman wohl nicht interpretieren dürfen. Wenn in seinem Song Zeilen vorkommen wie „They walk around / Tellin‘ great big lies…“ liegt die Interpretation nahe, dass er sich allgemein kritisch mit dem sogenannten „Kleinbürger“ auseinandersetzten will, dem Spiesser. Ausserdem heisst es im Text „Short people are just the same / As you and I /(A fool such as I) / All men are brothers / Until the day they die / (It’s a wonderful world)“ – der Song bemüht sich also um Empathie, vielleicht ist auch Selbstkritik mit dabei.

„Short People“ ist bereits ein starker Opener für „Little Criminals“, aber auch die übrigen Titel sind beeindruckend. „Sigmund Freud’s Impersonation Of Albert Einstein In America“ und das brillante „Baltimore“ sind zeitlos schöner Pop. Randy Newmans Melodien schleichen sich ganz unaufdringlich ins Ohr, teilweise sogar richtig zuckersüss („I’ve always been crazy bout irish girls“), aber wenn man dann anfängt, auf die Texte zu achten, ist es so, als ob man einen mit dem Hammer verpasst bekommt. Sarkasmus pur, Ironie, böse Kritik. („We’re Rednecks“) Am Fiesesten und überhaupt schön ist „In Germany Before The War“ „In Germany before the war/ there was a man who owned a store/in nineteen hundred thirty four in Düsseldorf“. Angeblich soll der Kindermörder Fritz Haarmann hier Pate gestanden haben…

Musikalisch waren die damals auf dem Höhepunkt ihres Erfolges schwebenden Eagles massgeblich an dem Album beteiligt. Auf einigen Songs spielt der Deutsche Klaus Voormann den Bass; jener Voormann, der das Cover für das Beatles-Album „Revolver“ gezeichnet hat und sich dann Anfang der achtziger Jahre um die kurze Weltkarriere von Trio  („Da Da Da“) verdient machte.