The Allman Brothers Band, Idlewild South, 1970

Produzent/ Tom Dowd, Joel Dorn

Label/ Capricorn

Mit ihrem Album „Idlewild South“ vollzogen die Allman Brothers ihre eigene, musikalische Besitznahme unbekannten Terrains. Ihre Soul-infizierte Countrymusik, die sich des harschen Rocksounds und seiner Rituale bediente, begründete entscheidend ein Genre mit, das bald mit dem Etikett „Southern Rock“ versehen wurde. Die beiden Brüder Gregg und Duane Allman, seit ihrer Jugend heftige R&B-Enthusiasten, wurden mit einer für die damalige Rockszene völlig neuen Bandkonzeption populär. Zwei gleichberechtigte Sologitarristen (Duane Allman und Dickey Betts) verdichteten zusammen mit dem Organisten und Sänger Greg Allman, dem Bassisten Berry Oakley und dem Schlagzeuger Jai Johanny „Jaimoe“ Johanson und Butch Trucks den Sound der Band bis zum Äussersten.

 An der Oberfläche wirken die Songs dieses Genres wie der Triumph des Individuellen über die Zwänge der Gesellschaft. Im Geheimen erzählen sie die Geschichte einer ewigen Landnahme, einer anhaltenden Bewegung ins Unbekannte. Freiheit ist nur dort, wo nichts und niemand ist. „Midnight Rider“ beschreibt einen kurzen Ausschnitt aus dem Leben des „Wanted Man“, eines Gejagten und Outlaw, der nach seinen eigenen Gesetzen lebt. Selbst einen so abgespielten Blues wie den „Hoochie Coochie Man“ spielen die Allman Brothers originell und mit viel Frische.

The Allman Brothers Band, Brothers and Sisters, 1973

Produzent/ Johnny Sandlin, The Allman Brothers Band

Label/ Capricorn

„Born Under A Bad Sign“, dieser klassische Bluesstitel von Albert King, schien wie ein böses Omen über der Allman Brothers Band zu stehen. Nachdem Duane Allman während den Aufnahmen zu „Eat A Peach“ starb und Berry Oakley nur bei zwei Stücken von diesem Album mitspielte, bevor er verunglückte, hatte dann auch der Schlagzeuger Butch Trucks einen schweren Unfall. Um so erfreulicher, dass „Brothers and Sisters“, das mehr als ein Jahr bis zur Fertigstellung brauchte, dann schon bald auf Nummer Eins der amerikanischen Charts stand.

Auf dem Album bewegen sich die Allman Brothers immer mehr vom klassischen Blues fort und in Richtung von The Band und der Grateful Dead, deren Essenz ein weisser Country Rock ist. Bestes Beispiel dafür ist „Ramblin‘ Man“, dessen Rhythmus wie der Motor eines „Rigs“ , einer dieser riesigen amerikanischen Überlandlasters, klingt. Darüber legen Les Dudek und Richard Betts klare fliessende Melodielinien. Der zweite Höhepunkt des Albums ist die Instrumentalnummer „Jessica“, deren singendes Riff ein Gefühl der Freude und Leichtigkeit vermittelt. Wieder ist es das Zusammenspiel von Dudek und Betts, das dieses Stück so heraushebt. „Southbound“, ein Blues im Stil von Junior Wells, mit harter aufbauender Bassfigur, geben Betts und dem mit viel Einfühlungsmöglichkeiten spielenden Pianisten Chuck Leavell Möglichkeiten für gute Soli. „Jelly Jelly“ erinnert sehr an „Stormy Monday Blues“.

Die Vorderseite des Covers von dem kleinen Jungen mit dem rostbraunen Pulli und der Cordhose, versunken in die Untersuchung des frühherbstlichen Laubes auf einem Spiel- oder Sportplatz in der Provinz, zeigt ein Foto von Valor Trucks, dem Sohn vom Schlagzeuger Butch Trucks, während auf der Rückseite ein Foto von Brittany Oakley zu sehen ist, der Tochter des Bassisten Berry Oakley.

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The Allman Brothers Band, Eat A Peach, 1971

Produzent/ Tom Dowd

Label/ Capricorn Records

Ihr Album „Live At Fillmore East“ stand noch hoch im Kurs und markierte den endgültigen Durchbruch für die Allman Brothers Band, als sie sich an die Aufnahmen zu ihrem dritten Studioalbum machten.  Doch die Arbeiten gestalteten sich alles andere als einfach. Kurz vor den Sessions hatten sich einige Band- und Crewmitglieder, unter ihnen Duane Allman, in eine Klinik begeben, um ihre Heroin-Sucht zu bekämpfen. Doch ihre guten Absichten führten nicht zu dem gewünschten Ergebnis.

Wegen des Erfolges, aber auch, weil sie noch viel gutes Material von den Fillmore-Konzerten 1971 in petto hatten, waren auf der Doppel-LP schliesslich auch drei Livesongs, wobei der 33minütige Jamrock-Klassiker „Mountain Jam“ auf zwei LP-Seiten verteilt werden musste. „Eat A Peach“ wurde zum Vermächtnis von Duane Allman: Der Gitarrist starb am 29. Oktober 1971 bei einem Motorradunfall. Drei weitere weitere Songs sind nach seinem Tod aufgenommen worden, unter anderem das balladeske „Melissa“.

„Eat A Peach“ war das erste Album, das das komplette Stil-Spektrum der Allman Brothers Band wirklich widerspiegelte. Während die ersten beiden Alben noch tief im Bluesrock verwurzelt gewesen waren, bestach „Eat A Peach“, egal ob es sich noch um Songs mit Duane oder um nach seinem Tod eingespielte Tracks handelte, durch die Verknüpfung von Jazz- und Country-Einflüssen mit den bluesrockigen Elementen. Und das auf eine recht beschwingte Art. Das war umso erstaunlicher, als gerade die Songs, die nach dem Motorrad-Crash entstanden, als Tribut für den toten Freund und Bruder gedacht waren.

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The Allman Brothers Band, At Fillmore East (Live), 1971

Produzent/ Tom Dowd

Label/ Capricorn

1971 standen die Allman Brothers vor einem Dilemma: Sie hatten im Vorjahr mehr als 300 Konzerte gegeben, aber dennoch waren die Verkaufszahlen ihrer beiden ersten Studioalben unbefriedigt. Ausserdem hatten die sechs Musiker das Gefühl, dass sie vor Publikum viel energiereicher spielten und einen besseren Sound hinbekamen. Logische Überlegung: mit Hilfe einer Live-Platte, die im New Yorker Musiktheater „The Fillmore East“ aufgenommen werden, sollten endlich die wahren Qualitäten der Band eingefangen werden. Dabei verzichteten sie auf nachträgliche Overdubs; lediglich die Mundharmonika vom Thom Doucette wurde – wo nötig – aus dem Mix entfernt.

Und die Songs? Die haben es wahrlich in sich. „Statesboro Blues“ spiegelt die Power der Twin-Drums-Besetzung perfekt wieder und wird durch Duane Allmans süffige Fills und Soli auf der Slidegitarre veredelt. „Done Somebody Wrong“ beinhaltet meisterliche Gitarren-Bendings, während „Stormy Monday“ schwüles Südstaaten-Blues-Feeling verströmt (genial: der Jazzwalzer während Gregg Allmans Hammond-Solo). Das 19-minütige „You Don’t Love Me“ hat eine lange Solo-Kadenz von Duane Allman und endet mit dem Thema von „Joy To The World“, derweil das Instrumental „Hot’ Lanta“ und „In Memory Of Elizabeth Reed“ in den Jazzrock übergehen. Der beste Song ist jedoch das 23-minütige „Whipping Post“, ein Lehrstück in Sachen Dramatik, bei dem sich Duane Allman und Dickey Betts zu immer neuen Höhenflügen anstacheln.

„Mit „At Fillmore East“ reihten sich die Allman Brothers in die illustre Schar von Künstlern ein, die ebenfalls am selben Ort eine legendäre Live-Platte eingespielt hatten (Miles Davis, Jimi Hendrix, Joe Cocker). Produzent Tom Dowd fasste in den Liner Notes die Bedeutung des Albums folgendermassen zusammen: „Hier war eine Rock’n’Roll-Band, die den Blues spielte, aber sich der Sprache des Jazz bediente. Und sie brachte den Raum zum Explodieren.“