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Zappa/ Beefheart / Mothers, Bongo Fury, 1975

Produzent/ Frank Zappa

Label/ DiscReet Records

Zappa und Beefheart, zwei Schulfreunde und zwei legendäre Musiker, taten sich 1975 für eine zweimonatige USA-Tournee zusammen. „Bongo Fury“ beinhaltet einige am 20ten und 21ten Mai 1975 aufgenommene Live-Stücke. Drei Intros wurden bereits 1974 im Studio aufgezeichnet. Auch zwei Songs („Cucamonga“ und „200 Years Old“) scheinen dort entstanden zu sein.

Nach dem wegweisenden Album „Trout Mask Replica“, für das Zappa (als Produzent) und Beefheart verantwortlich zeichneten, zerstritten sich die beiden und gingen – bis zum vorliegenden Album – getrennte Wege. Der eine war ein allseits bekannter Perfektionist, der andere galt als extrem eigenwillig und unzuverlässig. Erneuter Streit war also vorprogrammiert, zumal Beefheart der nervende unsichere Faktor im perfekt einstudierten Liveprogramm von Zappa & The Mothers of Invention gewesen sein soll.

Beefheart sorgt auf diesem streckenweise bluesorientierten Album für einige unverwechselbar freakige Gesangseinsätze. Dieses vor allem in dem ausgezeichneten „Debra Kadabra“, das Blues mit zappaeskem Avantgarde-Theater verbindet. Beefheart spricht auf dieser Platte auch zwei seiner Gedichte: „Sam with the showing scalp flat top“ und „Man with the woman head“. An der musikalisch durchschnittlichen Countrynummer „Poofters Froth Wyoming Plans Ahead“ ist der von Beefheart vorgetragene Zappa-Text das einzig Interessante. Dieser Text zieht nämlich den damals anstehenden zweihundersten Geburtstag der USA durch den Kakao. Auch das bluesige „200 Years Old“ beschäftigt sich mit diesem Thema. Der Text von „Cucamonga“, einem verwinkelten Song mit comedyhaften Gospelgesängen ist nostalgisch geraten, Zappas Anfänge als Musiker betreffend.

Zappas Gitarrensolos gehören neben seinen unverwechelbaren Kompositionen, dem elfminütigen „Advance Romance“, „Dabra Cadabra“, „Carolina hard-core ecstasy“ und „Muffin man“ zu den herausragenden Momenten von „Bongo Fury“. Die meisten der obigen Stücke verwirklichen den Anspruch, gleichzeitig einprägsam, vertrackt und humorvoll zu sein.

21 Gedanken zu “

    1. „Bongo Fury“ war schon 1975 nix für Smokie und Bay City Rollers-Fans. Das Live-Album bietet aber 45 Jahre später immer noch Musik vom Feinsten: Zappa/Beefheart in Höchstform mit einer der damals besten Mothers-Besetzungen.

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      1. Da stimme ich Dir 100% zu! 🙂

        Smokie waren einer meine Jugendsuenden. Wenigstens bin ich ueber diese Knallkoepfe auf „Needles and Pins“ aufmerksam gemacht worden. Dann kam das fantastische Original der Searchers und das super Cover von Tom Petty.

        Kannst Du Dich noch an die koestliche Verarschung von „Living Next Door to Alice“ erinnern, „Alice, Who the F… is Alice“? 🙂

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      2. Das war die niederländische Band Gompie, die den Song mit einem beherzten „Fuck“ unterstrichen. Später hat jemand auch ausfindig gemacht, wer Alice sein könnte – oder zumindest perfekt darauf programmiert ist: A.L.I.C.E (Artificial Linguistic Internet Computer Entity).

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    1. Die Frage nach den Inselsongs hat mich immer in Nöte gebracht. Das Album „Bongo Fury“ gehört aber ins Regal jedes auch nur mässig an Zappa interessierten Hörers.

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      1. Diese Nöte kenne ich nur zu gut. Zumal nicht nur die Inseln wechseln sondern auch die Musiken 😉
        Bongo Fury würde derzeit bei mir gegen One Size fits all den Kürzeren ziehen…

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      2. Ich finde es einfach spannend, sich in musikalischen Gefilden umzusehen, die vor vielen Jahren einmal zum Alltag gehörten, dann aber im Sumpf der Vergangenheit verschwunden sind. Es ist, als ob ich mit den alten Platten einen neuen Menschen kennenlernen würde.

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    2. @hotfox63 : „Ich finde es einfach spannend, sich in musikalischen Gefilden umzusehen, die vor vielen Jahren einmal zum Alltag gehörten, dann aber im Sumpf der Vergangenheit verschwunden sind.“

      Irgendwann haben wir halt aufgehört zu kiffen… 😉

      Ein tolles Album!

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    1. Ja, den Song kann man aufgrund seiner einfachen, sich wiederholenden Melodiezeile nicht mehr so einfach aus dem Kopf bekommen. Oder, wie Frank es ausdrückte: „Je grösser der Veranstaltungsort, desto mehr Bedarf besteht an „Muffin Man.“

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  1. Muffin Man ist einer der Signature Songs für klassische Gitarrensoli a la Zappa. Dazu gehören auch das geniale one note solo von „I’m the slime/over-nite sensation“ und das phantastische solo auf „montana/ebenfalls over-nite sensation“.
    Carolina hard-core ecstasy reiht sich ein in die sexualisierten Songs, die man auch von anderen Alben kennt: „Dyna-moe hum/over-nite sensation“, penguin in bondage/Roxy and elsewhere und viel später Catholic girls/joe’s garage, conehead und einige andere.
    Poofter’s froth wyoming plans ahead ist natürlich ein Persiflage auf das Country genre, erinnert mich aber an ein älteres Stück zur Zeit von Jimmy Carl Black in den 60ern, nämlich „Lonesome Cowboy Burt“. das eine ähnliche Kiste war.
    Bongo Fury war eine Weile mein Lieblingsalbum, nachdem ich Over-nite Sensation auswendig konnte. Danach begeisterte mich Zoot Allures ähnlich heftig 🙂

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    1. Danke Alex! „Bongo Fury“ ist eine gute Live-Scheibe! Zappa und Beefheart waren schon eine geniale Kombination. Zur Überraschung aller versöhnte sich Zappa nach einigen Jahren Entfremdung mit dem Captain und tourte mit ihm, angeblich aus karitativen Gründen, da Beefhearts Hab und Gut damals in zwei Plöastiksäcke gepasst habe und er durch unüberlegte Vertragsabschlüsse kreativ geradezu gelähmt gewesen sein.

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      1. Nachtrag zu Captain Beefheart: Ich war in den 80ern im Urlaub in Amsterdam und lief im Grachtenviertel herum, als ich in einer der schicken Galerien ein Gemälde von Don Van Vliet sah (abstrakter Expressionismus), das für etwa damals 70.000DM/Gulden verkäuflich war. Ich wusste, daß er damals, während seiner Musikkarriere die Cover selbst designed hatte, aber hier hatte er eine neue Geldquelle aufgemacht 🙂

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      2. Stimmt! Nach dem Musiker kam der Maler mit den wilden Bilder. Julian Schnabel machte ihn in Kunstkreisen bekannt, 1985 gab es in Köln die erste Ausstellung mit seinen Werken, weitere in Europa und in den USA. Beefhearts Bilder erzielten hohe Preise, und erstmals konnte Don Van Vliet von seiner Kunst gut leben.

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