Syd Straw, War And Peace, 1996

Produzent/ Syd Straw

Label/ Capricorn Records

Die Karriere von Syd Straw verlief auf ziemlich krummen Wegen. Sehr begabt, von Grossen umschmeichelt, als Backingstimme auf deren Aufnahmen genutzt, in unzähligen Booklets dankend erwähnt – nur sie selbst bekam es irgendwie nicht so richtig auf die Strasse! Ihre Stimme ist spröde, seltsam uncharmant, ihre Kompositionen im Kleinen schräg, obwohl es doch nur Rockmusik ist, eigentlich gar nichts ambitioniertes, es klingt nur oft so ungeniessbar. Dabei hatte sich ihre alte Firma Virgin sogar Mühe mit Syd Straw gegeben und sie durfte für ihr erstes Album „Surprise“ alles einladen was Rang und Namen hat, von Michael Stipe bis Richard Thompson, von Greg Leisz bis Marc Ribot usw. Trotzdem wurde „Surprise“ ein Flop. Spröde Songs, spröde Stimme – unverkaufbar.

Dann ein neues Label, immer noch ein grosses, aber offensichtlich kleines Budget. Für die Stars reichte es diesmal nicht mehr. Also einfach eine Rockband ins Studio eingeladen. Und das ist genau das Reizvolle an diesem Album – Die Skeletons die hier den musikalischen Background abgeben sind ganz Abgehangene, uralte Füchse, die zeitlosen Rock’n’Roll spielen – und das bekommt „War And Peace“ gut! Die Platte ist aus einem Guss; Syd Straw hat auch alle Texte selbst geschrieben und die Songs produziert.

Syd Straw, Surprise, 1989

Produzent/ Anthony Moore, Syd Straw

Label/ Virgin

Singende, nicht mehr junge Frauen mit Mädchenappeal (soweit das überhaupt noch geht) wirken heftig, wenn sie auf Perfektion aus sind und sich durchtrainiert und gestylt auf Tanz- und Hüpfnummern spezialisiert haben. Peinlich wird es, wo es ernsthaft wird und sie trotz allem Bemühen von einer gewissen Fadheit umschleiert sind. Fadheit offensiv, als Überraschung, ausgedacht und zelebriert findet man dagegen bei Syd Straw. Einst bei den Golden Palominos als Sängerin tätig, wurde sie von allerlei Bekannten aus dem weiteren Umfeld bei ihrem ersten Soloprojekt unterstützt. Darunter Anthony Moore, Van Dyke Parks, Ry Cooder, Richard Thompson, Marc Ribot und auch Michael Stipe, mit dem sie das Countryduett „Future Forties“ aufnahm, das als erste Single ausgekoppelt wurde. Der Song stützt sich auf die bekannte These der sich wiederholende Geschichte.

Alle Beteiligten (ausser Michael Stipe vielleicht) gehören zu der eher unaufdringlichen Musikersorte und arbeiten nur zum Besten für Syd. Das verschafft „Surprise“ ein unerhörtes, vielschichtiges Polster an Geschmack, der dennoch einen einzigen hinterlässt. Gehört zu der Sorte Platten, die plötzlich erscheinen und irgendwo hängenbleiben, schräg in den Seilen, manche Titel kommen auch nicht so richtig auf den Punkt. Das Ganze ist ohne Aktualitätsbezug, entstanden aus seltsamen Zusammenspielen einer Familie, die kunstvolle Session. Alle Stimmungen drin, von „Almost Magic“ bis zu „Hard Times“ und manchmal klingt es wie getretene Katzen. „Surprise“ ist so eine vielschichtige städische Folk-Pop-Mischung, die ich gerne auflege, wenn niemand da ist. Eine alte, weise und schöne Überraschung.