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Pere Ubu, Street Waves, 1976

Text/Musik/ Pere Ubu

Produzent/ Pere Ubu

Label/ Hearthan

Irgendwann 1975 begann in Cleveland, Ohio, eine neue Zeitrechnung. Die Musik der eben gegründeten Band um den Sänger David Thomas hatte ihre Vorbilder weit hinter sich gelassen. Stooges? Velvet Underground? Hawkwind? Spurenelemente vielleicht. Pere Ubus Single „Street Waves“ war ein Drei-Minuten-Sturm, wie es noch keinen gegeben hatte. Der Beginn der New Wave.

Harte, präzise Gitarrenriffs, ein rollendes Schlagzeug, ein tief brummender Bass und das windige Zischen eines analogen Synthesizers bilden den Boden, von dem sich David Thomas’ einzigartige Stimme abhebt: Hoch-emotional, volltönend, warm und vibrierend, zwischen Aggression und Gewimmer chargierend, treibt sie den Song voran. Der dann plötzlich in der Mitte zusammensackt. Finger rutschen über Gitarrensaiten, das Windgeheule fegt ein paar schwebende Sekunden lang durch verlassene Strassen, bevor das erhabene Gelärme der Band erneut einsetzt, beängstigend und kraftvoll. „I see electricity jump and spark/ I see electricity uh real and stark“, singt Thomas, ruft es gegen den Sturm. „I ride a street wave right by her side/ And I can hear the city comin’ around/ The things I say hit the air and seem to fall apart.“

Es ist ein heisser Wind aus der Zukunft, der uns da ins Gesicht bläst, frisch und aufregend und neu wie vor mehr als 40 Jahren. Die Bilder einer verfallenen Industrielandschaft drängen sich auf, einer immer sowohl bedrohten wie bedrohlichen Urbanität. Es gab noch keine Laptops, wohl aber Maschinen und den Wunsch, sie zu beherrschen, statt von ihnen beherrscht zu werden. Die Welle, die Pere Ubu reiten, braut sich in den Strassenschluchten zusammen, sie ist eine Naturgewalt des Industriezeitalters, und lustvoll schaudernd springen die jungen Surfer auf. Elektrizität! Funken! Grossstadtnoise!